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Seit 1964 wird um die Gestaltung des Geländes gerungen, der letzte Senatsbeschluss datiert vom April 2005. Er setzt die Beschlüsse von 1999 und 2002 außer Kraft, die jeweils nur in Bruchteilen realisiert worden sind.

© Kitty Kleist-Heinrich

Das Berliner Kulturforum - Ärger seit 50 Jahren: Achse des Bösen

Gerümpel und Gedümpel: Die Akademie der Künste treibt die Debatte über das Kulturforum an.

Das Kulturforum existiert nicht zuletzt im Diskurs. Es geistert als Gespenst durch die vielen Reden, die seit 50 Jahren den jammervollen Zustand des Ortes beschreiben und die doch in den Wind gesprochen sind, da sie völlig folgenlos bleiben. Zur Zeit ist es die Akademie der Künste, die redet. Nach einer ersten Diskussion im Februar mit den Direktoren der Museen sollte es nun konkreter werden: Welche Möglichkeiten der baulichen Gestaltung gibt es? Für manche ist das zu konkret. Hermann Parzinger, Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, kritisiert den Bruch zwischen der ersten und zweiten Veranstaltung, wünscht sich noch mehr Nachdenken, Spielen mit Visionen, Offenhalten.

„Offenhalten“ – ein zentraler Begriff auch für Senatsbaudirektorin Regula Lüscher. Sie soll den Stand der offiziellen Senatsplanung erläutern und über ihre Wünsche für den Ort sprechen. Ein für Lüscher typischer Gedanke: Leere wertschätzen, nicht alles sofort verplanen, Potenziale zulassen. Aber auch unfreiwillig ironisch: Als würde am Kulturforum nicht seit den Sechzigerjahren genau das geschehen, mit den bekannten, desaströsen Ergebnissen. Keine Wohnungen will Lüscher hier sehen, nur Kultur, „signifikante Architektur aus Solitären“. Und zeigt, in welche Richtung das gehen könnte: Centre Pompidou in Paris, Metropol Parasol in Sevilla und, natürlich, das Museumsquartier in Wien. Das sind allerdings Beispiele, die in eine intakte, historisch gewachsene Stadtstruktur eingefügt sind, von der sie sich abgrenzen und die ihnen, eben durch diese Abgrenzung, Signifikanz verleiht.

Es fällt Architekturkritiker Gerwin Zohlen zu, Lüscher etwas entgegenzusetzen, indem er mit erfrischend klaren Worten die Identitätslosigkeit des Kulturforums benennt und deren historische Wurzeln wenigstens kurz anreißt. Der Name Albert Speer fällt in diesem Zusammenhang nicht oft, und doch wird Speers Rolle für das heutige Antlitz Berlins unterschätzt. Denn Speer hat, so Zohlen mit Verweis auf Forschungen des Stadthistorikers Benedikt Goebel, mit den Planungen für die „Nord-Süd-Achse“ nicht nur die Voraussetzungen geschaffen für die Entleerung des Ortes, der heute Kulturforum heißt, sondern auch, mit einer parallelen Planung für eine „Ost-West-Achse“, den späteren Abriss der Stadtmitte rund ums Rathaus vorbereitet. Spätestens mit der Eröffnung von Scharouns Staatsbibliothek 1978 sei dann die ganze „Dimensionslosigkeit“ des Platzes deutlich geworden, seine Verdammung zum ewigen Provisorium. Die Benennung als Forum ist für Zohlen eine Lüge und Ausdruck einer Verlegenheit wie so vieles, was sich in Berlin „Forum“ schimpft.

Markige Worte kamen auch von der Publizistin Ursula Baus, die die „beklagenswerte Dominanz des Verkehrs“ als Grundübel des Kulturforums ausmacht, von „autoverlauster Gegend“ spricht und „schaurigem Kunstgerümpel“ auf der Brache zwischen Neuer Nationalgalerie und Philharmonie und vor der Lösung warnt, das Kulturforum einfach zu einem Teil des Tiergartens zu machen und es damit zu „verkrauten“. Architekt Matthias Sauerbruch, der Entwürfe seiner Studenten mitgebracht hat, will den Verkehr aus der unmittelbaren Fläche des Forums, um die St. Matthäus-Kirche, verbannen. Sauerbruch hofft, dass mit Hilfe der Museen am Kulturforum eine Stätte entstehen kann, an der Menschen nicht als passive Touristen und Konsumenten zusammenkommen, sondern als Teilhaber und Akteure. Sonderbar, dass das ausgerechnet am Kulturforum nicht schon längst passiert ist, wo doch in Berlin sonst jeder Freiraum kreativ besiedelt wird.

Träumen kann man viel. Was machbar ist, erklärt Regula Lüscher: Demnächst wird das „Freiraumkonzept“ des Büros Valentien + Valentien umgesetzt, das die Parkplätze rund um die Kirche beseitigt, immerhin. Für größere Würfe braucht es ein Nutzungskonzept. Dann folgen Finanzierung, Wettbewerb und die Schaffung von Planungsrecht, schließlich wird ein Masterplan aufgestellt. Den hat es 2005 schon einmal gegeben, er sei, so Lüscher, am mangelnden „Nutzungsdruck“ gescheitert. Mit dem Erweiterungswunsch der Neuen Nationalgalerie für ein Museum des 20. Jahrhunderts ist dieser Nutzungsdruck endlich da. Ob der Bau an der Sigismundstraße oder der Potsdamer Straße errichtet werden soll, auch darüber herrscht Uneinigkeit.

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