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Chefsache. Tugan Sokhiev führt das DSO vom 24.10. bis 3.11. nach Asien. Foto: D. Beecroft

© D. Beecroft

Das DSO und Tugan Sokhieve: Vor dem Feuer

Mit Elisabeth Leonskaja in der Philharmonie: Das Deutsche Symphonie-Orchester probt mit seinem Chefdirigenten Tugan Sokhiev für die Asien-Tournee.

Vor einer großen Tournee am anderen Ende der Welt muss man mit den Kräften haushalten. Zwar sollte alles sitzen, jeder Handgriff vertraut, alle zu erwartenden Schwierigkeiten ins gemeinsame Bewusstsein gerückt sein. Doch zugleich will die emotionale Seite noch geschont werden, darf nicht schon jetzt entflammen, was auf den kommenden Konzerten in Südkorea und Japan glühen soll.

Sokhiev geht vor wie ein Küchenchef, der erst am Ende abwürzt

Das ist alles zutiefst verständlich, und wenn es Chefdirigent Tugan Sokhiev mit seiner sparsamen Noblesse präsentiert, kann man diesem feinen Musiker dafür auch kaum gram sein. Dennoch atmet dieser Abend in der Philharmonie wenig Bühnenluft. Man hat eher das Gefühl, einer Durchspielprobe beizuwohnen. Im Theater heißt das dann, machen wir’s technisch. Und natürlich funktioniert das beim Deutschen Symphonie-Orchester auch auf hohem Niveau. Aber wann hat man Mendelssohns Hebriden-Ouvertüre je so stimmungslos, so wenig erfüllt von innerem Schauen gehört?

Der zarte Strich gelingt ohne Frage, doch jegliche Form der Zuspitzung fehlt. Dabei geht Sokhiev ganz gezielt vor wie ein Küchenchef, der seine Soßen so ansetzt, dass ihm noch genügend Spiel bleibt, sie kurz vor dem Auftragen abzuwürzen. Es folgt ein Beethoven aus der Vorbereitungsküche, das 3. Klavierkonzert mit der grande dame Elisabeth Leonskaja am Flügel. Sie wird nicht mit auf Tournee reisen, das Stück aber schon. Daraus ergibt sich naturgemäß ein wenig zwingendes Zusammentreffen. Ja, im zweiten Satz droht das musikalische Geschehen gar gänzlich zum Erliegen zu kommen. Lediglich Leonskajas Mut, auch einmal hinzulangen, rettet die Situation vorübergehend. Doch beim Kehraus merkt man gleich wieder, dass hier der Herd nicht heiß ist.

Bei Brahms schont Tugan Sokhiev die Kräfte der Musiker fürs Finale

Wie kommt man da durch die Erste Symphonie von von Johannes Brahms, in der sich endlich löst, womit der Komponist über viele Jahre hinweg gerungen hat? Herzblut ist es nicht, was da fließt. Sokhiev setzt auf einen kontrollierten Klassikertonfall, die Übergänge werden als solche angezeigt, nicht als Verwandlung eines Gedankens. Auf Magie braucht man nicht zu hoffen, wenn Materialbeherrschung im Vordergrund steht. Immerhin wird deutlich, dass Sokhiev die Kräfte seiner Musiker fürs Finale geschont hat, das urplötzlich mit großer Dringlichkeit serviert wird. In Asien wird das alles jeden Abend noch einmal neu abgeschmeckt werden, mit Feingefühl. Sicher werden wir bald hören, wie sie jubeln, die Klassikfans von Kitakyushu bis Deagu.

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