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Kultur: Das Glück dieser Herde

„Seabiscuit“ erzählt von einem amerikanischen Mythos – und von drei Musketieren der Rennbahn

Es herrscht Depression. Die Wirtschaft liegt am Boden. Die Menschen sind niedergeschlagen. Da wird man doch ein bisschen träumen dürfen. Amerikanisch träumen, versteht sich. Im Mittelpunkt von „Seabiscuit“ stehen drei Männer. Erstens: der junge Red Pollard (Tobey Maguire), ein armer Einwanderersohn. Er schlägt sich als Jockey durch, wofür er eigentlich zu groß ist. Er versucht sich als Schauboxer, wofür er zu schlecht ist. Immerhin vertieft sich der rot gelockte Knabe in den Stunden der Muße in die Gedichte von Coleridge und Emily Dickinson. Leider hat er früh seine Familie verloren – und sucht deshalb eine neue. Zweitens: der smarte Charles Howard (Jeff Bridges), ein Automobil-Pionier der ersten Stunde. Er hat sich als Unternehmer von ganz unten hinaufgearbeitet. Er hat den Traum vom großen Geld verwirklicht. Dabei ist ihm seine Familie abhanden gekommen – weshalb er jetzt eine neue sucht. Drittens: der alte Cowboy Tom Smith (Chris Cooper). Der Kerl ist ein rechter Naturbursche, der sich gerne in der Wildnis herumtreibt, die aber zusehends von bösen Landbesitzern eingezäunt wird. Er ist ein wahrhaftiger Pferdeflüsterer mit einem großen Herz für Tiere. Aber auch er hat keine Familie mehr – und braucht deshalb eine neue.

Drei Schicksale dreier einsamer Stehaufmännchen. Dreimal dürfen Sie raten, was jetzt passiert. Die Puzzleteile fügen sich natürlich ganz wundersam zu einem Familienbild zusammen. Den drei Männern fehlt nur noch ihr Baby – was sich aber bald in dem Rennpferd mit dem merkwürdigen Namen Seabiscuit findet. Das Pferd, einst gemustert und für zu lahm befunden, hat verborgene Talente. Und so kommt es, wie man es von Anfang an erwartet hat: Howard zahlt, Smith trainiert, und Pollard reitet und gewinnt. Einer für alle, alle für einen.

Und daran ist Hollywood natürlich immer interessiert, zumal schon die Vorlage der Autorin Laura Hillenbrand ein Erfolg war. Dazu kommen mit dem siegreichen Underdog, dem Unternehmer und dem Cowboy auch noch drei Figuren der amerikanischen Populärmythologie. Leider ist der Film nicht so auf Trab wie das Titeltier. Und – auch wenn der Vergleich hinkt wie ein kranker Gaul – der Film (Regisseur Gary Ross) ist so vorhersehbar wie ein Rennen, bei dem der Sieger schon vorher festgelegt wurde.

In 19 Berliner Kinos, OV im Cinestar Sony-Center

Julian Hanich

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