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Bradley Cooper spielt in „Maestro“ den Starkomponisten Leonard Bernstein.

© dpa/Netflix/Jason McDonald

Das Problem mit „Jewfacing“ : An den Nasen sollt ihr sie erkennen

Erst Helen Mirren, jetzt Bradley Cooper: Warum kleben sich Stars für ihre Rollen „jüdische“ Nasen ins Gesicht? Hollywood sollte eigentlich schon weiter sein.

Von Andreas Busche

Zuletzt wurde im deutschen Feuilleton ausführlich über falsche Juden diskutiert. Dazu passten dann irgendwie auch die Diskussionen über eine falsche Nase, die in den vergangenen Tagen vor allem in den sozialen Medien geführt wurde. Genauer gesagt, über eine falsche „jüdische“ Nase, die der Hollywoodstar Bradley Cooper in seiner Rolle als Leonard Bernstein trägt. Prothesen gehören zum Geschäft der Illusions- und Traumfabrik.

In diesem Jahr gewann Brendan Fraser mit seiner Rolle in „The Whale“ den Oscar für die beste Hauptrolle, obwohl unter den Fettpolstern kaum noch der Schauspieler auszumachen war. Solche „Prothesenrollen“ waren schon immer gefragt, weil sie als preisverdächtig gelten. Statt, etwa im Fall von „The Whale“, die Rolle einfach mit einem übergewichtigen Hauptdarsteller zu besetzen.

Keine „Stürmer“-Karikatur

Im Fall von Bradley Cooper hat dieser Verkleidungswahn noch eine pikante Note, denn ob es wirklich nötig war, dem irisch-italienisch-amerikanischen Star eine „jüdische“ Nase ins Gesicht zu kleben, damit er vielleicht noch etwas mehr wie der jüdische Stardirigent - und Komponist Leonard Bernstein aussieht, weckt automatisch ungute Assoziationen an die NS-Zeit.

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Darauf hätte man, zumal Cooper zugleich Regie führt, auch selbst kommen können. Erst im vergangenen Jahr gab es verhaltene Kontroversen um das „Jewfacing“ von Helen Mirren, die in „Golda“ die erste israelische Ministerpräsidentin darstellt. Natürlich mit Hilfe der Make-up-Abteilung.

Nun ist Bradley Cooper, dem ersten Trailer von „Maestro“ nach zu urteilen (der im September in Venedig seine Weltpremiere feiert), weit davon entfernt, mit einer „Stürmer“-Karikatur verwechselt zu werden. Aber blöd – und vor allem überflüssig – ist die Debatte schon. Und zwar nicht etwa wegen irgendwelcher identitätspolitischer „Überempfindlichkeiten“. Sondern einfach aufgrund von gesundem Menschenverstand. Bradley Cooper braucht keine Nasenprothese, um Leonard Bernstein glaubwürdig zu „verkörpern“. Er verdient sein Geld als Schauspieler.

Dass sich die Kinder von Bernstein zu Wort meldeten und Cooper ihren Segen gaben – geschenkt. „Maestro“ gilt schon jetzt als Oscar-Kandidat, schlechte PR verdirbt das Geschäft. Denn eigentlich hat sich Hollywood längst von rassistischen Traditionen wie Blackfacing oder Redfacing (die Besetzung von indigenen Amerikanern mit Weißen) distanziert. Man ist eigentlich schon weiter. Aber kulturelle Sensibilisierung ist eben ein langer Prozess. „Jüdische“ Nasenprothesen sind im Hollywood-Kino heute die Ausnahme. Junge, schwarze, schwule Männer (siehe die aktuelle Kritik zu „The Inspection“) zum Glück nicht mehr.

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