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Kultur: Das weiße Lauschen

Nachrichten aus dem Totenreich: „White Noise“ – übersinnlicher Horror mit Michael Keaton

Was tut man, wenn die junge und schöne Gattin plötzlich in die ewigen Jagdgründe eingeht? Am besten, man nimmt gleich mal Kontakt mit ihr im Jenseits auf, um reinzuhören, was so los ist da drüben. Dabei wäre es ziemlich praktisch, wenn man schon mal was von EVP gehört hätte: dem Electronic Voice Phenomenon. Damit lassen sich Botschaften aus dem Reich der Toten empfangen – wirres Gefasel, Liebesgrüße oder mysteriöse Warnungen. Letztere sind mit Vorsicht zu genießen, aber sie können auch dazu führen, und wer hätte je daran gezweifelt, dass man dadurch das Leben anderer Leute rettet. Wie EVP funktioniert? Einfach vor den Fernseher oder das Radiogerät setzen und mit Hilfe des weißen Rauschens Signale von „drüben“ erhalten. Wenn man dazu keine Zeit hat, einfach einen Haufen Videorecorder und Tonbandgeräte kaufen und das mediale Nichts mitschneiden. Selbst im Flimmern und Rauschen finden sich nämlich heiße News und tolle Infos.

Das behauptet jedenfalls der Film „White Noise“. Und man merkt schon: Dieser Film hat nichts mit Don DeLillos großartigem Roman gleichen Titels zu tun. Vielmehr handelt es sich hier um einen Versuch des Regisseurs Geoffrey Sax und seines Hauptdarstellers Michael Keaton, mit übersinnlichem Horror ein wenig Schaudern zu verbreiten.

Aber keine Angst: Dieser Film wird niemanden in Unruhe versetzen. Niemand etwa wird dem Regisseur den Vorwurf machen, das Genre unziemlich erneuert zu haben. Auch für Michael Keaton dürfte nach diesem Film der Umfang seiner Drehbuchlektüre gewisslich überschaubar bleiben (Keaton hatte die besten Momente seiner Karriere eh versteckt hinter der „Batman“-Maske). Hier spielt er mit einem sonnengegerbten Ledergesicht, das ebenso unbeweglich wie ausdruckslos ist. Und nicht zuletzt das Publikum hat keinerlei Grund, sich zu ängstigen: Dieser Film nistet sich nicht in versteckten Regionen der Erinnerung ein, von wo aus er bedrohliche Langzeitwirkung verbreiten könnte. Insofern darf man Kontakt mit „White Noise“ wohl bald im Jenseits der Videotheken aufnehmen: Der Film wird sich still und leise im weißen Rauschen unseres Kinoalltags versenden.

In sieben Berliner Kinozentren; OV im Cinestar SonyCenter

Julian Hanich

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