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Geschichte trifft Gegenwart: die Baustelle des Humboldt-Forums und des geplanten Schlosses.

© Kitty Kleist-Heinrich

Debatte über das Humboldt-Forum in Berlin: Das Schloss sollte ein Palast der Willkommenskultur sein

Der Erfolg des Berliner Humboldt-Forums hängt nicht allein von den Exponaten ab. Wichtig ist eine Verknüpfung mit der Realität der Stadt. Dazu gehören die Zuwanderer. Ein Kommentar.

Den Bausündern von Flughafen und Lindenoper hat neben dem Verstand ein standhafter Baumeister gefehlt. Einer, der seinen Bauherren sagt: Hier stehe ich, ich plan’ nicht anders. Das hätte viel Zeit und noch mehr Geld gespart.

Genau so einen Mann hatte das Berliner Schloss: Manfred Rettig. Er ist für dessen Erfolg so wichtig wie Neil MacGregor, der es bespielen soll. Nun hätte man den britischen Museumskünstler kaum gewinnen können, wenn er nichts ändern darf. Das aber gefährdet Rettigs Werk. Jetzt will der Schlossbauer gehen. Die Berliner ahnen Schlimmes: Pläne ändern, Verantwortliche wechseln – genau so ist der Flughafen in ein Milliardenloch gesteuert worden.

Wenn es dem Kanzleramt gelang, den Weltstar der Museumswelt aus London nach Berlin zu holen, dann sollte es Angela Merkel und ihrer Kulturstaatsministerin Monika Grütters auch gelingen, den Champion des Regierungsumzuges zu halten. Auch MacGregor muss das wollen. Ohne Rettig kann er die Risiken seiner Ideen kaum einschätzen.

Der Erfolg des Humboldt-Forums hängt ohnehin nicht an den Wänden. Die Grundidee, die Welt sich besser verstehen zu lassen, gewinnt mit jedem Konflikt und jeder Flucht auf der Erde an Bedeutung. Dabei geht es um Geist, nicht Gemäuer. Wäre die Aufgabe mit wertvollen Exponaten und kluger Anordnung allein zu schaffen, dann müssten schon die Dahlemer Museen als unüberhörbare Motoren der Völkerverständigung aufgefallen sein.

Tatsächlich sind sie hochgelobte Nebendarsteller der Berliner Kulturlandschaft. Ihr Umzug allein reicht also nicht. Entscheidend ist nicht die Inszenierung im Neubau, sondern die gelungene Verknüpfung mit der Realität der Stadt.

Die schlechten Nachrichten aus allen Krisenregionen und ihre direkten Auswirkungen bis in jede Berliner Nachbarschaft zeigen, wie gut die Grundidee des Humboldt-Forums ist und wie notwendig ihr Erfolg – in der Welt und in Berlin. Wenn es gelingt, dann wird es unser Schloss zur Welt.

Den drei Gründungsintendanten, neben MacGregor die nicht minder angesehenen Wissenschaftler Hermann Parzinger und Horst Bredekamp, wünscht man die Gabe, den Sinn zur Verständigung in die Stadt zu bringen, noch bevor sie das Schloss eröffnen. Sie sollten sich nicht ein Jahr lang einsperren, um die Inneneinrichtung zu entwerfen, sondern hinausgehen und die Berliner aus allen Einwanderungsperioden einbeziehen.

Solange im Schloss gebaut wird, kann der Schlossgeist in der ganzen Stadt wirken, in Wohnungen und Werkstätten, in Imbissen und Instituten. Mit der Einladung, das Schloss mitzugestalten, kann es gelingen, eine Gruppe für die Zukunft der Stadt zu gewinnen, die immer wichtiger wird: Die Berliner, die als Zuwanderer den Aufstieg in die Mittelschicht geschafft haben. Sie stehen in der Stadtgesellschaft meist am Rande, dabei kommt ihnen eine Schlüsselrolle zu, als Bindeglied und als Vorbild für all die Menschen, die aus den gegensätzlichsten Kulturen der Welt zu uns drängen. Und natürlich als Ratgeber, um die Integrationsaufgaben besser zu lösen als in der Vergangenheit.

Die Glaubwürdigkeit des Schlosses als Willkommenskulturpalast entscheidet sich im Alltag der Stadt. Es vollendet sich tatsächlich, wenn es die Verständigung in der Stadt verbessert. Das verlangt nach Ideen, die den Lauf der Stadt verändern, nicht die Abläufe am Bau.

Sebastian Turner

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