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Kultur: Der Che Guevara Afrikas

Ode an Thomas Sankara im Theaterdiscounter.

In Ouagadougou, der Hauptstadt von Burkina Faso, gibt es einen Friedhof mit nur 13 Gräbern. Es ist kein andächtiger Ort, eher eine Brache. Ziegen grasen hier, Müll wird abgeladen, und eigentlich sollte man meinen, dass ein ehemaliger Präsident und seine Begleiter eine würdevollere letzte Ruhestätte verdient hätten. Aber Thomas Sankara, der von 1983 bis 1987 das afrikanische Land geführt hat, war ein Revolutionär, er wurde ermordet – unter bis heute dubiosen Umständen. Das Heldengedenken wird in Burkina Faso nicht eben gefördert. Der gegenwärtige Präsident Blaise Compaoré, ein vormaliger Weggefährte und brüderlicher Freund von Thomas Sankara, war mutmaßlich selbst in den Anschlag verstrickt.

Im Westen kennt fast niemand mehr den Namen Thomas Sankara, geschweige denn seine Schriften. Auch der Schweizer Theatermacher Luzius Heydrich ist eher zufällig auf den Mann gestoßen, den manche den „Che Guevara Afrikas“ nennen. Auf einer Recherchereise in den westafrikanischen Staat lernte Heydrich den jungen Schauspieler Hypolitte Kanga kennen, der sich schon seit Jahren mit dem ehemaligen Präsidenten beschäftigt. Aus ihrer Begegnung ist das gemeinsame Projekt „Von einem, der auszog, die Revolution zu lernen“ entstanden: eine theatrale Hommage an den Sozialisten und Humanisten Sankara, der seine Heimat Obervolta in Burkina Faso umbenannte, zu Deutsch: Land der Aufrechten. Der außerdem die Luxuslimousinen der Vorgängerregierung verkaufen ließ und sich wie kein afrikanischer Präsident zuvor für die Rechte der Frauen eingesetzt hat.

Heydrich und Kanga montieren dokumentarisches Material und persönliche Erlebnisse zu einer Performance, die das Bild eines unbeugsamen Idealisten zeichnet: Sankara, der sich vor der UN-Vollversammlung aufschwingt, im Namen von Millionen zu sprechen, die in Ghettos leben, weil ihre Haut schwarz ist oder sie aus einer anderen Kultur stammen. Sankara, der gegen die Schuldenpolitik des Westens Front macht, afrikanische Märkte für die Afrikaner öffnen will. Und von dem prägende Sätze stammen wie: „Zwischen Arm und Reich gibt es keine gemeinsame Moral.“ Das bleibt bisweilen an der Oberfläche, nähert sich weniger einem Menschen, als dass eine Ikone gefeiert wird. Aber immer wieder finden Heydrich und Kanga auch zu Momenten erhellender Selbstbefragung. Etwa, wenn der Burkiner über die Suche spottet, die seinen Schweizer Kollegen ausgerechnet in eins der ärmsten Länder der Welt geführt hat: „Habt ihr keine Helden in Europa?“ Patrick Wildermann

„Von einem der auszog, die Revolution zu lernen“: Theaterdiscounter, Klosterstr. 44, wieder 11. bis 13. Januar, jeweils 20 Uhr

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