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Berlinale 2012: Der Countdown läuft

Was das Festival plant– und der Tagesspiegel.

Die letzten werden die längsten sein. Genauer: Der am Dienstag letztgemeldete 18. Film des Berlinale-Wettbewerbs ist zugleich, mit 188 Minuten, sein längster – „Bai Lu Yuan“ des Chinesen Wang Quan’an, der 2007 mit dem schönen Steppen-Melodram „Tuyas Hochzeit“ den Goldenen Bären gewann. Sein neues Epos spannt, am Beispiel der Großfamilien Bai und Lu, einen Bogen vom chinesischen Kaiserreich über Welt- und Bürgerkrieg bis zur Mao-Diktatur.

Verkündet wurde der Titel anlässlich der Berlinale-Pressekonferenz, die traditionell als erstes Emo-Barometer des Festivals wahrgenommen wird. Mal gibt es besonders viele Lacher, weil der nunmehr zehn Jahre amtierende Direktor Dieter Kosslick besonders gut drauf ist, mal bestimmt ein fein auf die Weltlage abgestimmter Ernst das kommunikative Geschehen. Vor diesem Hintergrund deutet sich für die diesjährige Festival-Wetterlage ein „Veränderlich“ an.

In einem detailliert auf Beispielfilme eingehenden Vortrag hob Kosslick das filmische Leitthema „Aufbrüche und Umbrüche“ hervor, blickte auf aktuelle ungarische Repression und chronische Nöte Afrikas, um nach rund 20 Minuten Redezeit anlässlich des nachgemeldeten Wettbewerbstitels der Lust am Scherz nicht länger aus dem Weg zu gehen. Angesichts der „Länge der chinesischen Geschichte“ habe der Regisseur geradezu einen „Kurzfilm“ gedreht, der wiederum so lang geraten sei, dass „wir ihn am Schluss des Tages zeigen“.

Das bewirkte einen schon hohen Pegelausschlag allgemeiner Heiterkeit an diesem eisigen Berliner Vormittag – zumal der Vielzahl bekannter Programmdetails nur wenig Substanzielles hinzuzufügen war. Ja, mit Jafar Panahi, dem unter Hausarrest stehenden iranischen Filmemacher, stehe er in Kontakt, antwortete Kosslick auf eine der neu zugelassenen Zwischenfragen. Panahi gehe es den Umständen entsprechend „okay“. Und angesichts zweier jüngster Todesfälle in der Filmwelt, ergänzte er, habe man mit „Die Erde weint“ von Theo Angelopoulos und Vadim Glownas „Desperado City“ zwei weitere Vorführungen ins Programm aufgenommen.

Insgesamt 395 Filme, zehn mehr als im letzten Jahr, zeigt die 62. Berlinale vom 9. bis 19. Februar. Und bei der Zusammenstellung des Wettbewerbs und der Jury lässt sie sichtlich neuen Ehrgeiz erkennen. Alle 18 Filme, die um die Bären konkurrieren, sind Weltpremieren – womit man ein Alleinstellungsmerkmal jüngerer Venedig-Jahrgänge elegant planiert. Und die Wettbewerbsjury, angeführt von Mike Leigh, der vor vier Jahren die Berlinale mit „Happy-Go-Lucky“ beglückte, besteht diesmal ausschließlich aus Künstlern, bisher eine Spezialität von Cannes.

So scheint die Berlinale gut gerüstet in den Wettbewerb mit den beiden anderen Großen unter den Festivals zu gehen, besser jedenfalls als in den vergangenen Jahren. Der Tagesspiegel begleitet das größte und publikumswirksamste Kulturfestival Deutschlands vom Donnerstag nächster Woche an in gewohnter Ausführlichkeit. Dazu gehören mehrere Seiten im Kultur- und im Berlin-Teil, mit Kritiken, Porträts, Interviews, Berichten vom Roten Teppich und von Partys sowie dem traditionellen Gastkritiker–Ranking zu den Wettbewerbsfilmen. Zudem wird unsere Leserjury den besten Forums-Film auszeichnen. Auch online sind unsere Leser zum Mitmachen eingeladen – beim Abstimmen über die beste Arbeit von Nachwuchsfotografen, die für die Galerie C/O Berlin auf der Berlinale unterwegs sind. Täglich kommt ein neues Bild hinzu.

Noch aber läuft der Countdown. Genug Zeit, sich anhand der Infos auf den folgenden Seiten einen eigenen Festivalplan zu basteln. Und die Termine dazu? Ganz einfach: Das offizielle Berlinale-Programmheft liegt dieser Tagesspiegel-Ausgabe bei. Jan Schulz-Ojala

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