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Kultur: "Der Geist von Marschall Tito": Der Glanz vergangener Tage

Ein Gespenst geht um, auf einer Insel vor der kroatischen Küste. Ein Ein-Mann-Gespenst, der Kommunismus nicht gerade, aber immerhin sieht es aus wie der Marschall Tito, der den Sozialismus brachte in ein Land, das Jugoslawien hieß.

Ein Gespenst geht um, auf einer Insel vor der kroatischen Küste. Ein Ein-Mann-Gespenst, der Kommunismus nicht gerade, aber immerhin sieht es aus wie der Marschall Tito, der den Sozialismus brachte in ein Land, das Jugoslawien hieß.

Achtzehn Jahre nach des Marschalls Tod und auch schon einige nach dem Krieg, der Kroatien die Marktwirtschaft und die Unabhängigkeit brachte, liegt das hübsche Adriastädtchen fast verlassen da. Die Jugend ist abgehauen, die Touristen bleiben aus. Die männliche Restbevölkerung hängt in der Kneipe herum, deren Wirt zugleich Bürgermeister ist und ein Privatisierungs-Profiteur, der sein Geschäft günstig um ein Hotel erweitern will. Triste Welt. Irgendwie verständlich, dass die alten Herren dem Glanz vergangener Tage nachtrauern, als hehre Parolen dem Leben noch Mehrwert gaben.

Diesen Nostalgikern kommt Titos Geist gerade recht. Denn das Gerücht von dessen Erscheinung macht unter Gleichgesinnten im Land schnell die Runde. Bald drängeln sich auf dem Marktplatz die Revolutions-Rentner, aber auch Neu-Unternehmer Luka wittert Morgenluft. Gemeinsam holt man die verstaubten Reliquien aus dem Museum. Paraden werden inszeniert, Gruppenreisen zu Solidaritätspreisen angeboten. Lukas Hotel ist endlich ausgebucht. Nur den Behörden ist das Treiben unheimlich, ein herbeigeorderter Polizist soll und kann die Sache aufklären. Denn wie fast jeder Geist hat auch dieser seine profane Erklärung. Nur nützt die Aufklärung wenig, im Gegenteil: Die Wahrheit macht aus dem sozialistischen Disneyland eine titoistisches Gallierdorf.

Regisseur Vinko Bresan inszeniert seine postsozialistische Satire mit griffigen Bildern und Wiedererkennungs-Effekten. 1996 schon hatte der junge kroatische Regisseur mit der liebenswürdigen Komödie "Wie der Krieg auf meine Insel kam" in seinem Heimatland die großen US-Produktionen im Kino ökonomisch besiegt. Auch sein neuer Film läuft in Kroatien vor vollen Häusern. Auch er ist erst einmal nett und dann ganz lange gar nichts. Denn Kulissen und Menschen bleiben nur Dekor. Wirklich verhandelt wird in diesem Film kaum etwas. In Kroatien mag das gemeinsame Ablachen über die Ewiggestrigen der Identitätsfindung einer jungen Generation dienen. Für uns verweist diese Erfolgskomödie vor allem auf den Seelenzustand einer gar nicht so weit entfernten Welt.

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