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Kultur: Der Geist von Potsdam: Darf eine deutsche Filmhochschule heute noch "Konrad Wolf" heißen?

Leni Riefenstahl und Gustaf Gründgens sind zweifellos interessante Künstler. Beide haben dem Nationalsozialismus gedient.

Leni Riefenstahl und Gustaf Gründgens sind zweifellos interessante Künstler. Beide haben dem Nationalsozialismus gedient. Man könnte sagen: aus Karrierismus. Trotzdem gibt es wesentliche Unterschiede zwischen Riefenstahl, die sich bis heute hinter angeblicher Ahnungslosigkeit versteckt, und Gründgens. Gustaf Gründgens hat sich nicht dumm gestellt. Er hat sich auf die Verantwortung berufen, die ein Künstler auch für die Verwirklichung des eigenen Talents hat. Und er hat Kollegen vor dem Tod gerettet, zum Beispiel den Sänger Ernst Busch. Riefenstahl mag man als Künstlerin schätzen, aber man wird niemals eine Schule nach ihr benennen können. Bei Gründgens ist die Antwort schon schwieriger.

Welcher Künstler taugt zum Vorbild? In der DDR ist das Verhältnis zwischen Politik, Moral und Kunst noch komplizierter gewesen. Der Staat berief sich in seiner Rhetorik auf die "sozialistische Demokratie", er war eine sich nicht zu sich selbst bekennende Despotie, er stand unter Legitimationszwang. Gelegentlich gab es erstaunliche Tauwetterphasen. Der Filmregisseur Konrad Wolf hat sich in dieser Landschaft geschickt bewegt. Er war Präsident der Akademie der Künste, ein Apparatschik aber war er nicht. Wolf hat seine Macht benutzt, um einige der wunderbarsten deutschen Filme zu machen, einer davon heißt "Solo Sunny". Darin geht es um den Individualismus, um den Traum davon, ein unangepasstes Leben zu führen, und um die Verhältnisse, die diesen Traum zerstören. Wer mag, kann diesem Film das Etikett "oppositionell" aufkleben.

Dass sich die jüdisch-kommunistische Familie Wolf nach dem Krieg und dem Moskauer Exil für die DDR entschied, kann ihr nur jemand zum Vorwurf machen, der noch nie ein Geschichtsbuch von innen gesehen hat. Im brandenburgischen Kultusministerium ist jetzt die Idee entstanden, die Potsdamer Filmhochschule umzubenennen, sie heißt nach Konrad Wolf. Wer aber den großen deutschen Künstler, den sehr eigenständigen Geist und, na ja, auch Kommunisten Konrad Wolf aus dem deutschen Pantheon verstoßen möchte, der gibt damit zu verstehen: In der DDR konnte man nicht anständig leben. Wer in der DDR als Künstler gearbeitet hat, ist automatisch schuldig, ganz egal, wie das künstlerische Werk aussieht. Diese These aber ist nicht akzeptabel. Im Grunde handelt es sich um eine Beleidigung aller Ostdeutschen. Und umbenennen könnte die Schule sich ohnehin nur selber. Selten hat ein deutsches Kultusministerium einen dümmeren Vorschlag ausgebrütet.

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