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Kultur: Der Gipfelblick

Am 1. Januar startet Pamela Rosenberg als Intendantin bei den Berliner Philharmonikern

Sie war nur drei Wochen später dran als Angela Merkel: Am 22. November wurde die CDU-Chefin vereidigt, am 15. Dezember unterschrieb Pamela Rosenberg ihren Vertrag als Intendantin der Berliner Philharmoniker. Ab 1. Januar 2006 arbeitet sie in Berlin zunächst in beratender Funktion, weil sie parallel noch die Oper von San Francisco managt. Ab 1. August dann ist sie fulltime hier, für mindestens drei Jahre.

Die erste Frau in der Leitungsetage eines der besten Orchester der Welt – das klingt fast so spektakulär wie die erste Bundeskanzlerin. Allerdings kann Pamela Rosenberg von der Machtfülle, über die Angela Merkel gebietet, in ihrem Job nur träumen. Denn im vierköpfigen Stiftungsrat der Philharmoniker liegt die Richtlinienkompetenz weiterhin bei den Männern. Bei Meinungsverschiedenheiten in künstlerischen Fragen können Chefdirigent Simon Rattle und die beiden Musiker-Sprecher die Intendantin jederzeit überstimmen. Was hieße das bei strittigen Management-Entscheidungen, beispielsweise bei einer finanziell lukrativen Tournee, die das viel beschäftigte Orchester aus Termingründen ablehnt? „Da müsste ich noch mal genau in meinen Vertrag schauen“, sagt Pamela Rosenberg und sieht dabei nicht so aus, als ob sie sich ein solchen Fall wirklich vorstellen könnte. Die 60-jährige Amerikanerin ist in der Branche für ihr ausgleichendes Kommunikationsgeschick bekannt.

Was macht eine Frau, die seit 30 Jahren erfolgreich im Opernbusiness arbeitet – darunter in Frankfurt während der Gielen-Ära und als Ko-Intendantin von Klaus Zehelein an der Stuttgarter Staatsoper – zur besten Wahl für den Philharmoniker-Posten? „Als die Anfrage des Orchesters kam, war ich zunächst ziemlich skeptisch: Schließlich gilt der Job als Schleudersitz“, erzählt sie freimütig. „Wozu braucht ihr überhaupt einen Intendanten?“, hatte ihre Gegenfrage gelautet. Mit der Antwort haben die Musiker sie damals überzeugt: „Weil wir in der Saison nie die Zeit haben, mal innezuhalten und langfristig zu planen.“ Genau das will sie künftig tun: „Ich soll diejenige sein, die den Gipfelblick hat, von oben auf das Ganze schaut und dadurch Perspektiven aufzeigen kann.“

Dabei geht es vor allem auch um eine Vision für die Programme in der Philharmonie und im Kammermusiksaal. Das bisherige Gemischtwarenladen-Angebot soll einem Konzept weichen, bei dem sich die Gastensembles an langfristig geplanten Themenschwerpunkten beteiligen. Außerdem geht es um die Aufwertung des Kulturforums. Woran diverse Vorgänger gescheitert sind, das will Pamela Rosenberg mit frischer Power anpacken: Sie träumt vom „città-feeling“, einer Platz-Atmosphäre, die zum Verweilen einlädt. „Dafür könnte man beispielsweise den Mittelstreifen der Potsdamer Straße beseitigen und die gewonnene Fläche dem Kulturforum zuschlagen.“ Vielleicht ist es ja nützlich für sie, dass sie so manche unendliche Berliner Stadtplanungsgeschichte nicht kennt.

Ganz am Anfang steht auch noch ihre Beziehung zu Simon Rattle. Beruflich haben sich ihre Wege nur einmal gekreuzt, in den Achtzigerjahren, als Pamela Rosenberg an der Amsterdamer Oper eine „Pelléas“-Produktion vorbereitete, die Rattle dirigieren sollte. Noch vor der Premiere war sie allerdings von Klaus Zehelein nach Stuttgart abgeworben worden. So tritt sie dem Chef der Philharmoniker nun genauso entgegen wie das Berliner Publikum: als Fan.

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