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Kultur: Der Hammer

Rattles Philharmoniker erproben den „Siegfried“

„So schneidet Siegfrieds Schwert!“ Was für ein Triumph für alle, die es geschmiedet haben! Simon Rattle auf dem besten Weg, die Berliner Philharmoniker erneut in ein Wagnerorchester zu verwandeln, geht mit glühender Emphase voran. Eine Beschränkung erweist sich als Luxus: Zur öffentlichen Erprobung für die in Aix-en-Provence bevorstehende „Siegfried“–Premiere der Philharmoniker wird allein dessen erster Aufzug gespielt. Ein konzertanter Solitär aus Männerdialogen und Liedern in der Philharmonie.

Denn wo die Rücksicht der Interpreten auf die ökonomische Bewältigung der folgenden Aufzüge entfällt, konzentriert sich alle Kraft auf diesen heitersten Teil in Richard Wagners „Ring des Nibelungen“. Das gilt zumal für den Titelhelden, dem das „Waldweben“ und die anstrengenden Begegnungen mit Fafner, dem Wurm, und Brünnhilde, der Wotanstochter, an diesem Abend erspart bleiben.

Faszinierend schon, wie die beiden Protagonisten des ersten Aktes auf dem Podium in der Gestik ihrer Rollen leben: spannenlanger Zwerg und dickes Kind. In der schlaksigen Gestalt des Mime von Burkhard Ulrich krümmt sich der Loser zusammen, während Ben Heppners Siegfried sich nicht nur seiner stimmlichen Siege freut. Neben ihnen singt Willard White einen klangvollen Wanderer („Auf wolkigen Höh’n wohnen die Götter“), der jedoch mit einem spannenderen Rollenprofil auszustatten wäre. Hier und da noch unfertig, aber mit schönsten Details im Orchester, steigert sich die Musik unter Sir Simons Impetus.

Einen kleinen Amboss schleppen die beiden Tenöre sich abwechselnd an seinem Dirigentenpult vorbei: Mime, der „weise Schmied“, und Siegfried, der wilde Wälsungenspross. Die Darsteller sind imposante Schlagzeuger. Hier gelingt es besonders im Konzert, die Differenzierung des handwerklichen Hämmerns herauszuarbeiten. Und das Märchen endet so unbefangen, als gäbe es nichts Zwingenderes auf der Welt als Schmiedelieder. Strahlende Gesichter, großer Jubel. Sybill Mahlke

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