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Kultur: Der Kantige

Zum Tod des schwarzen Jazzpianisten Andrew Hill

Er hatte die Ecken und Kanten von Thelonious Monk, die flirrende Energie von Cecil Taylor, und doch gewann er seiner Musik eine fragile Schönheit ab, die ihm buchstäblich keiner nachmachen konnte oder wollte. Andrew Hill, 1931 in Chicago geboren, war einer der großen pianistischen Einzelgänger des Jazz. Seine erste Praxis erwarb er sich in Hardbop-Formationen, seine theoretischen Kenntnisse aber bei Paul Hindemith. Als Gast seiner neighborhood, der seinerseits Jazzmusiker kennenlernen wollte, betrachtete er den deutschen Emigranten weniger als Lehrmeister denn als Freund. Die Mischung aus swingender Intuition und analytischem Zugriff hat Hills Musik, die von Kompositionen voller schiefer Metren und gewagter Intervalle lebt, bis zuletzt geprägt. Bigband-Aufnahmen wie „A Beautiful Day“ (Palmetto) beziehen ihren Reiz auch aus ihrer eigenwillig lyrischen Instrumentierung.

Dreimal in seinem Leben ließ er sich mit dem berühmten Label Blue Note ein, dessen Gründer Alfred Lion er schon 1963 einige klassische Alben schenkte, darunter etwa „Smokestack“, ein vom herkömmlichen Klaviertrio durch die doppelte Besetzung der Kontrabässe (Richard Davis und Eddie Khan) zum Quartett erweitertes Ensemble. Zu einer Zeit, als um ihn herum schon der Free Jazz zu toben begann, erprobte er noch einmal die Verdichtung des Klangs innerhalb definierbarer Strukturen. Das blieb sein Programm. Seit dem Sommer 2004 wusste er, dass er Lungenkrebs hatte. Seine Produktivität behinderte das nicht. Mit „Time Lines“ (Blue Note) wählte das einflussreichste amerikanische Jazzmagazin „Downbeat“ seine letzte Aufnahme 2006 noch einmal zum Album des Jahres – mehr als eine Geste vor Hill, der nun mit 75 Jahren gestorben ist. dotz

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