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Kultur: Der Silberstreif

Der deutsche Buchhandel kann möglicherweise das drohende Verbot der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung durch die Brüsseler Wettbewerbshüter verhindern. In einem Brief an Kulturstaatsminister Michael Naumann hat EU-Wettbewerbskommissar Karel Van Miert jetzt im einzelnen festgehalten, was am deutschen System fester Ladenpreise geändert werden muß, damit das laufende Wettbewerbsverfahren in Brüssel eingestellt werden kann.

Der deutsche Buchhandel kann möglicherweise das drohende Verbot der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung durch die Brüsseler Wettbewerbshüter verhindern. In einem Brief an Kulturstaatsminister Michael Naumann hat EU-Wettbewerbskommissar Karel Van Miert jetzt im einzelnen festgehalten, was am deutschen System fester Ladenpreise geändert werden muß, damit das laufende Wettbewerbsverfahren in Brüssel eingestellt werden kann. "Der Ball liegt nun im Lager der Deutschen und Österreicher", sagte Van Mierts Sprecher Stefan Rating am Montag in Brüssel. Wenn die nationalen Systeme der deutschen und österreichischen Buchpreisbindung an die Regeln des europäischen Wettbewerbsrechts angepaßt und ausschließlich auf die nationalen Märkte beschränkt würden, dann könne Brüssel im Gegenzug auf ein förmliches Urteil verzichten. Michael Naumann forderte daraufhin den Börsenverein des Deutschen Buchhandels auf, die von Van Miert aufgezeigten Chancen zu nutzen.

Unterdessen haben die für Kultur zuständigen Minister der EU bei ihrer Ratssitzung in Luxemburg kritisiert, daß die EU-Kommission bisher dem Standpunkt der europäischen Kulturminister und des Europäischen Parlaments zu wenig Rechnung getragen habe. EU-Ministerrat und Parlament hatten sich mehrfach für die Beibehaltung der Buchpreisbindung ausgesprochen. In Brüssel wehrte sich der Sprecher der EU-Kommission gegen den gerade in Deutschland erhobenen Vorwurf, Karel Van Miert habe die europaweite Liberalisierung des Buchmarkts in "blinder Machtanmaßung" zu seiner persönlichen Sache gemacht. Tatsächlich sei der EU-Wettbewerbsbehörde nach der Beschwerde des österreichischen Buchhandelskonzerns "Libro" nach den Regeln des EU-Vertrags gar nichts anderes übriggeblieben, als ein Verfahren zur wettbewerbsrechtlichen Prüfung der grenzüberschreitenden Buchpreisbindung zwischen Österreich und Deutschland einzuleiten.

Deutschland und Österreich sei es weiter unbenommen, so versichern die Brüsseler Kartellexperten immer wieder, an ihren nationalen Systemen fixer Ladenpreise festzuhalten. Das gegenwärtige System in Deutschland und Österreich beschränke sich jedoch nicht auf die jeweils nationalen Märkte, sondern schließe den grenzüberschreitenden Handel zwischen den beiden Ländern ein. In seinem Brief an Naumann fordert Van Miert jetzt die Anpassung der deutschen und österreichischen Buchhandelsregeln an das europäische Recht. Anstoß nehmen die Wettbewerbshüter vor allem an der Preisfestlegung für andere Länder. Die national festgelegte Preisbindung dürfe weder für Exporte noch für Importe gelten. Der grenzüberschreitende Handel und damit auch Re-Importe müssen nach Maßgabe der europäischen Wettbewerbsexperten frei sein.

Werden Re-Importe in großem Stil aber möglich, dann öffne man Tür und Tor für die Unterlaufung der nationalen Buchpreisbindungen, so fürchtet der Börsenverein des Deutschen Buchhandels. In der Praxis würde das zudem bedeuten, daß alle Bücher deutscher Verlage in Österreich nicht der Preisbindung unterliegen dürften. Die Preise der Bücher österreichischer Verlage wiederum müßten in Deutschland freigegeben werden. In Brüssel weist man allerdings darauf hin, daß es den Verlagen freistehe, sich auf die neue Lage einzustellen.

Ein deutscher Verlag könne sich zum Beispiel in Österreich niederlassen und seine Bücher dann für den "Heimatmarkt" preisgebunden vermarkten. Ebenso wie es jetzt neben dem Hamburger Verlag "Rowohlt Berlin" gebe, könnte es nach diesem Modell künftig auch "Rowohlt Wien" geben. Bisher allerdings habe der deutsche Buchhandel wenig Phantasie gezeigt, sich an die neue Situation anzupassen, heißt es in Brüssel. Offenbar haben die Verlage, der Buchhandel und die Medienkonzerne ganz unterschiedliche Interessen und ziehen an verschiedenen Strängen. Die zuletzt in Brüssel eingegangenen Änderungsvorschläge und Argumente des deutschen Buchhandels hätten jedenfalls die Wettbewerbshüter in keiner Weise überzeugt.

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