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Röslers „Das blaue Beet“ von 1905. 

© Privatsammlung

Waldemar Rösler in der Liebermann-Villa: Der Sommer der Liebenden

Er war Hoffnungsträger des deutschen Impressionismus. Die Liebermann-Villa erinnert zum 100. Todestag an den fast vergessenen Berliner Maler Waldemar Rösler.

„Man muß sein Gedächtnis schon sehr anstrengen, damit man sich noch dunkel entsinnen kann, daß man einmal Maler war“, schreibt Waldemar Rösler 1915 in einem Feldpostbrief aus dem Ersten Weltkrieg. Ein Jahre später kann die Erinnerung an die Kunst die Realität des Krieges nicht mehr übertönen. Gebrochen nimmt sich Rösler das Leben.

Zum 100. Todestag erinnert die Liebermann-Villa am Wannsee an den fast vergessenen Maler. Rösler gehört zur zweiten Generation der Impressionisten. In der Ausstellung macht gleich das erste Bild den Unterschied zum lässigen Hausherrn deutlich. Während in Max Liebermanns Landschaften Lücken bleiben, um das Licht hindurchzulassen, stellt Rösler die Natur als undurchdringliches Dickicht dar. Aufgebrochen wird die Oberfläche nur durch die Spuren der Industrialisierung. In der „Landschaft mit Lokomotive“ schiebt die Lok ihre schwarze Schnauze aus dem Wald. Jeder Pinselstrich ist entschieden und planvoll gesetzt. Rösler „baut seine Bilder wie der Architekt seine Häuser“, schreibt Liebermann über den jüngeren Kollegen.

Übermütig leuchtende Farben

Rösler kommt 1882 als Sohn eines Fotografen in Dresden zur Welt und wächst in Königsberg auf. Er studiert an der Kunstakademie, lernt dort seine spätere Frau Oda Hardt kennen, die ebenfalls Malerei studiert. Die Königsberger Akademie ist zu dieser Zeit eine der wenigen Hochschulen, die Frauen aufnehmen. Mit Oda Hardt verbringt Rösler einen Sommer auf dem Rittergut ihrer Familie. Hier entsteht eines der schönsten Bilder der Ausstellung: „Das Blaue Beet“ von 1905. Nie wieder leuchten Röslers Farben so übermütig wie in diesem Sommer der Verliebtheit. Nach der Hochzeit zieht das Ehepaar 1906 nach Berlin-Lichterfelde.

Das ehemalige Dorf liegt zwölf Kilometer vom Stadtzentrum entfernt, deshalb sind für die Anwohner die gerade entstehenden Verkehrsanbindungen wichtig. Rösler malt den Teltowkanal, die halbfertigen Straßen mit Häusern und Brachen, den Bahndamm. Die Stadt befindet sich im Umbruch, Leerflächen, Industrie und Natur verzahnen sich zu einer rauen Vorstadtlandschaft. Aber Rösler wendet den Blick der Impressionisten auf die Natur an, rückt in der Siedlung die Bäume in den Vordergrund, am Kanal die Auen und an der Eisenbahn die Felder, die von den Gleisen durchschnitten werden. Rösler malt, wo „Großstadtkehricht in den Gräben liegt und das profane Leben zur Miete wohnt“, wie es der Kunstkritiker Karl Scheffler formuliert.

Eine andere Weite öffnet sich beim Sommeraufenthalt im bayerischen Wasserburg am Inn. In einer Zeitungsanzeige hatte das Ehepaar das Angebot gelesen, kostenlos in Wasserburg wohnen zu können im Tausch gegen ein Gemälde. Hier entspannt sich Röslers Malerei, sie wird flüssiger, spontaner.

Mit 34 Jahren nimmt er sich das Leben

Bis 1914 läuft Röslers Karriere auf eine fast bürgerliche Künstlerexistenz hinaus. 1908 stellt er vier Bilder bei der Berliner Secession aus, bekommt gute Kritiken, zwei Jahre später zeigt die Galerie Paul Cassirer eine Einzelausstellung. Max Beckmann empfiehlt ihn für den Vorstand der Secession. Weil er in Berlin bleiben will, lehnt Rösler zwei Berufungen zum Professor ab. In seinem Familienbildnis von 1912 stellt er sich selbst als gediegenen Maler, im Anzug vor der Staffelei dar. Ein robuster, jovialer Mann, seine Zwillinge zur Seite. Im Hintergrund Oda, elegant mit Hut. Der Einbezug der Familie vermittelt ein Gefühl von Sicherheit.

Mit der Einberufung zur Landwehr schwindet diese heile Welt. Vergeblich versucht Rösler, seine Identität als Künstler zu wahren. Mit 34 Jahren nimmt er sich das Leben. Erhalten geblieben ist nur ein schmales Oeuvre. Oda Hardt-Rösler lässt ihren Mann auf dem Familiengut Schildeck begraben und verwahrt hier auch die später von den Nazis verfemten Gemälde. Dann rollt der Zweite Weltkrieg über Waldemar Röslers Landschaften hinweg. 1944 werden rund zweihundert Werke zerstört.

Liebermann-Villa, Colomierstraße 3, bis 30. 1.; Mi bis Mo 11 – 17 Uhr.

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