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Kultur: Deutsch lernen, digital

Jahresbilanz des Goethe-Instituts.

Zu den Institutionen, die den Besetzungszettel der neuen Bundesregierung mit besonderer Spannung erwarten, gehört das Goethe-Institut. Dabei geht es nicht so sehr darum, wer Kulturstaatsminister im Kanzleramt wird, sondern um das Auswärtige Amt. Es ist die Behörde, die das Goethe-Institut mit rund 215 Millionen Euro im Jahr finanziert; der Gesamtetat liegt durch die Eigeneinnahmen bei rund 366 Millionen Euro. Da diese Mittel vom Bund zuletzt etwas zurückgegangen sind, hofft GI-Präsident Klaus-Dieter Lehmann auf einen Außenminister, der auswärtige Kulturarbeit hochschätzt. Der Sozialdemokrat Frank-Walter Steinmeier wäre da schon der Richtige, wenn er denn wiederkommt. Allerdings arbeite das Goethe-Institut nicht in Legislaturperioden, denn „die Arbeit im Kulturbereich und in der Bildungszusammenarbeit gewinnt erst durch Kontinuität, Langfristigkeit und Unabhängigkeit ihre Kraft“, sagte Lehmann auf der Jahrespressekonferenz am Mittwoch in Berlin

Zu den großen außenpolitischen Projekten bei Goethes zählt die Eröffnung eines neuen Instituts in Myanmar und der Ausbau der Präsenz in Saudi-Arabien. Durch die Wirtschafts- und Finanzkrise vor allem in Südeuropa hat sich die Spracharbeit der 160 Niederlassungen in den vergangenen Jahren verstärkt. 2013 wurde weltweit eine Viertelmillion Kursteilnehmer registriert, Tendenz steigend. Deutsch lernen war schon mal weniger attraktiv. Weltweit bieten 110 000 Schulen Deutsch als Unterrichtsfach an, mit 12,8 Millionen Schülern. Es gibt in diesem Bereich zahlreiche Stipendien und Fortbildungsprogramme. Stolz liest sich auch die Zahl von 260 Büchern deutscher Schriftsteller, die jährlich mithilfe des Goethe-Instituts in insgesamt vierzig Sprachen übersetzt werden.

Zugleich verändert sich diese deutsche Sprache, die in den Instituten vermittelt wird. Im Jargon der Goetheaner heißt das: „Die Globalisierung, wachsende Mobilität und die Digitalisierung zahlreicher Lebensbereiche wirken auf sie ein. Wie aber sieht das Deutsch der Zukunft aus? In welcher Sprache wollen wir künftig denken, arbeiten, kommunizieren?“ Diesen Fragen will ab Januar die Veranstaltungsreihe „Deutsch 3.0“ nachgehen. Das Goethe-Institut arbeitet hier mit dem Duden, dem Institut für Deutsche Sprache und anderen Einrichtungen aus Wissenschaft und Wirtschaft zusammen. Die Digitalisierung schreitet fort. Erstmals wird das Jahrbuch des Goethe-Instituts als App zu haben sein, mit allerlei Videos und Gimmicks.

Generalsekretär Johannes Ebert zitiert Chris Dercon, den Direktor der Tate Modern in London: Netzwerke seien überlebenswichtig. Und nur derjenige mit dem dichtesten Netzwerk komme weiter. Kulturmanager und Kuratoren gehören inzwischen zu den stärksten Advokaten digitaler Kommunikation. Im Übrigen sagte Ebert: „Deutschlands Rolle in Europa und in der Welt hat sich in den letzten Jahren deutlich gewandelt. Es werden weltweit Erwartungen an uns gerichtet, nicht mehr nur in Athen, Paris und Warschau, sondern auch in Kiew, Peking oder Kairo.“

Im kommenden Jahr mischt das Goethe-Institut bei den großen Daten und Ereignissen mit. Zur Fußball-Weltmeisterschaft wird eine „KulturTour“ aufgelegt, mit einer Ausstellung zum deutschen Exil in Brasilien. Und Tino Sehgal soll in Rio de Janeiro eine Performance entwickeln. Bei der Beschäftigung mit dem Ersten Weltkrieg steht ein Theaterprojekt von Hans-Werner Kroesinger und Regine Dura im Mittelpunkt. Es heißt „1914/2014: Schlachtfeld Erinnerung“. Dafür haben die Berliner Künstler in Istanbul, Sarajewo und Belgrad recherchiert. Dort wird es auch Aufführungen geben. In Berlin ist die Arbeit im Juni 2014 im Hebbel am Ufer zu sehen. Unter dem Titel „Hikayah“ wollen arabische und deutsche Historiker sich forschend entlang des Schienennetzes des Osmanischen Reichs bewegen. Netze waren schon immer ein Machtfaktor. Die „Bagdadbahn“ wurde zur Zeit des Kaiserreichs mit deutschem Know-how gebaut. Rüdiger Schaper

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