zum Hauptinhalt

Kultur: Deutschland positiv Zurück zu den Kernaufgaben: Der Bundestag will eine Trendwende beim Goethe-Institut

Die große Koalition zeitigt bisweilen wundersame Beispiele von Zuneigung. Wer hätte je gedacht, dass sich die SPD-Linke Monika Griefahn und der CSU-Rechtsausleger Peter Gauweiler wechselseitig so über den grünen Klee loben würden, wie sie dies am vergangenen Freitag bei der Vorstellung ihres gemeinsamen, von beiden Regierungsfraktionen in den Bundestag eingebrachten Entschließungsantrags zum Goethe-Institut taten!

Die große Koalition zeitigt bisweilen wundersame Beispiele von Zuneigung. Wer hätte je gedacht, dass sich die SPD-Linke Monika Griefahn und der CSU-Rechtsausleger Peter Gauweiler wechselseitig so über den grünen Klee loben würden, wie sie dies am vergangenen Freitag bei der Vorstellung ihres gemeinsamen, von beiden Regierungsfraktionen in den Bundestag eingebrachten Entschließungsantrags zum Goethe-Institut taten! Kein Blatt Papier passte zwischen die beiden, die sich bei der Zusammenarbeit im Kulturausschuss sowie dem neu eingerichteten Unterausschuss für Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik augenscheinlich aufs Beste verstehen.

Die frohe Botschaft, dass die Institution Goethe-Institut nach zehn Jahren erbarmungsloser Mittelkürzungen im kommenden Jahr gleich 13,5 Millionen Euro mehr bekommt, hatte Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) bereits Ende Oktober als „Trendwende“ verkündet. Damit soll die „Bugwelle struktureller Defizite“, die die wichtigste Mittlerorganisation der Auswärtigen Kulturpolitik seit Jahren vor sich herschiebt, gebrochen werden. Aber es geht längst nicht nur ums Geld. Die Trendwende reicht weitaus tiefer – mitten in die Goethe-Grundsatzpolitik.

Die inhaltliche Beliebigkeit, die die Arbeit so mancher der derzeit 129 Auslands-Goethe-Institute kennzeichnet, war lange schon als Problem erkannt worden. Zahlreiche Auslandsinstitute verwandelten sich in Diskussionsforen für alles Mögliche, Goethe-intern gern mit dem Beispiel „Müllentsorgung in Nigeria“ bespöttelt. Eine zunehmend mit ihrer Selbstorganisation beschäftigte, 300-köpfige Münchner Zentrale ließ jedwede Leitung vermissen. Gewiss sind programmatische Vorgaben in einem derart auf Eigeninitiative und die Berücksichtigung hunderterlei örtlicher Gegebenheiten angewiesenen Organismus ein heikel Ding. Aber die Programmatik verschwamm immer mehr, zumal der vorangegangene Außenminister in der Auswärtigen Kulturpolitik nicht mehr erkennen wollte als ein nachrangiges Instrument globaler Krisenprävention.

„Wir haben im Auswärtigen Amt jetzt einen Minister, der die Auswärtige Kulturpolitik zur Chefsache gemacht hat“, frohlockte denn auch Monika Griefahn: „Wir haben das früher mit Herrn Fischer mehrfach probiert und kamen da nicht weiter.“ Kein Zweifel also, wer da großkoalitionär für die Misere des Goethe-Instituts verantwortlich gemacht wird. In der Tat sind unter dem selbst ernannten Weltpolitiker Fischer die Zuschüsse für die dem Auswärtigen Amt durch Vertrag verbundene Institution allein seit 2001 von 125,6 auf 106,5 Millionen Euro zusammengestrichen worden. Dass das Goethe-Institut in Depression versank, lag indessen nicht nur an den beständigen Einschränkungen bis hin zur Marginalisierung von Auslandsinstituten. Der Bundestags-Antrag beklagt zugleich die „inneren Schwierigkeiten, die sich unter anderem in zahlreichen Wechseln in der Führungsspitze ausdrückten“.

Nun kann erstmals seit rund zehn Jahren wieder mit Optimismus an die künftige Arbeit gedacht werden. Und da soll sich einiges ändern. Denn das Goethe-Institut „wird das eigene Profil schärfen, und zwar durch Konzentration auf die im Rahmenvertrag mit dem Auswärtigen Amt festgeschriebenen Kernaufgaben“. Die aber bestehen zuallererst darin, „die Kenntnis der deutschen Sprache zu fördern“ und „ein umfassendes, historisch und kulturell breit fundiertes Deutschlandbild zu vermitteln“.

Vorbei die Zeiten der als „Partnerbezug“ getarnten Missachtung der eigenen Nationalkultur. „An der Spitze der Aufgaben steht die Vermittlung der deutschen Sprache“, unterstrich der altersmilde auftretende CSU-Politiker Gauweiler, und Monika Griefahn nickte eifrig. „Wir sind ein Land, das sich in seiner Außendarstellung als Land der Dichter und Denker versteht.“ Gegenüber der jahrelang von Goetheanern der 68er-Generation verfolgten Idee, die Institute außerhalb Europas mit anderen europäischen Kulturinstituten zu verschmelzen, um ja nicht mehr von Deutschland sprechen zu müssen, verwahrte sich Griefahn vehement gegen „europäischen Mischmasch“. Die Gastländer erwarteten eine eigene Identität: „Sie wollen Deutsch!“

Diese Trendwende in der Programmausrichtung zurück zur „Vermittlung eines positiven Deutschlandbildes“ wird begleitet von einschneidenden Organisationsänderungen in der Zentrale, darunter dem Abbau von immerhin 70 der 300 Stellen. Die Bürokratiewucherung in der Dachauer Straße lässt sich erahnen.

Ins Auge gefasst wird die baldige Neueinrichtung von zwei bis drei Instituten. Das kann allerdings nur ein erster Schritt sein. Schließlich verfolgen die Bundestags-Aufpasser weitgesteckte Ziele: „Das Goethe-Institut wird seine Präsenz in den Wachstumsregionen Asiens sowie in der islamisch geprägten Welt des Nahen und Mittleren Ostens stärken und den Ausbau in Süd- und Osteuropa konsolidieren.“

Nur reicht dafür ein Haushaltsanteil von 127 Millionen Euro für die Auslandsinstitute nicht aus. Will Deutschland tatsächlich in den so rasant an Bedeutung zunehmenden Regionen Asiens wahrnehmbar präsent sein, um „Ansehen und Vertrauen für Deutschland“ zu gewinnen, muss es einen grundlegend neuen Finanzansatz geben. Das Problembewusstsein im Auswärtigen Amt ist jedenfalls gewachsen: „Steinmeier“, lobte Gauweiler, „hat in zwölf Monaten mehr Institute besucht als sein Vorgänger in sieben Jahren.“ Die Beschlussvorlage verlangt in aller Deutlichkeit eine „internationalen Neuaufstellung des Goethe-Instituts“. Dessen Fehlausrichtung als Joschkas Miniatur-Krisenfeuerwehr hat ein Ende. Die Trendwende ist da.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
showPaywallPiano:
false