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Bild von Diana Tishchenko

© Dorothee Falke

Diana Tishchenko beim DSO Berlin: Genialer Ton

Diana Tishchenko begeistert beim „Debüt im Deutschlandradio“: Die Geigerin von der Krim driftet in fast surreale Klangwelten ab - vom Orchester zum Alleingang verdammt.

Einen eigenen, noch ungehörten Zugang zu Kernwerken des Repertoires zu finden und damit den von Talenten überfluteten Klassikmarkt zu erobern, ist für angehende Solisten ein schwerer Prüfstein. Um die 24-jährige ukrainische Geigerin Diana Tishchenko muss man sich da keinerlei Sorgen machen. Sie überzeugt bereits in den ersten Takten von Dmitri Schostakowitschs Violinkonzert Nr. 1 beim „Debüt im Deutschlandradio“ in der Philharmonie. Mit einem Ton unablässiger, nuancenreicher Intensität öffnet sie den Blick auf das innere Drama dieses Stücks, das Schostakowitsch in der Zeit seiner Ächtung durch Stalin schrieb.

Dabei verzichtet sie gänzlich auf äußeres Drama und exponiert so die Isolation der Geigenstimme, die in den Höhen in einen fast surrealen Klang abdriftet. Auch im Zusammenspiel mit dem Orchester ist Tishchenko zum Alleingang verdammt. Das wenig kernige, richtungslose Spiel des Deutschen Sinfonie-Orchesters Berlin unter der Leitung des jungen Amerikaners Joshua Weilerstein wirkt wie ein intransparenter Watteboden unter dem sicheren Tritt der Geigerin. Der erbarmungslosen Trockenheit des diabolischen Scherzos stellt sie eine ungewöhnlich fragile Passacaglia entgegen, die in eine umso gespenstischere Kadenz mündet: Aus dem organischen Puls wird ein maschinelles Hämmern, das wiederum Tishchenko selbst wie eine ferngesteuerte Puppe wirken lässt. Schlichtweg genial!

Joshua Weilerstein spannt keine großen Bögen

Doch Puls ist nicht gleich Puls, das wird in Tschaikowskys wilder Orchesterfantasie „Francesca da Rimini“ nur zu klar: Klanglich ist hier die Schaumbremsung des Orchesters zwar wieder aufgehoben, doch buchstabiert Weilerstein unter steriler Dynamik die Partitur sklavisch in kleinsten Einheiten durch – einziger Lichtblick ist das wunderschöne Klarinettensolo. Weilerstein phrasiert zwar, wenn auch einförmig, spannt aber keine großen Bögen. Auch an expressiven Gesten lässt er es nicht mangeln, doch was er eigentlich ausdrücken will, bleibt bis zuletzt verborgen.

Als weniger verfänglich erweist sich da Robert Schumanns subtextfreies Konzertstück op. 86. Durch Agilität und klangliche Homogenität bestechen hier die vier jungen Hornsolisten Maciej Baranowski, Peter Müseler, Bertrand Chatenet und Juliane Grepling.

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