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Kultur: Die Froschkönigin

Körper, durchleuchtet: neue Bilder von Maria Lassnig im Frankfurter Städel

Kaum zu glauben, dass sie bald 85 wird. Maria Lassnigs Werk ist vital und farbenfreudig wie nie zuvor. Dabei macht es die österreichische Künstlerin dem Betrachter nicht leicht. Er muss sich mit merkwürdig verformten Menschen- und Tierkörpern auseinandersetzen, etwa wenn sich Lassnig als „Froschkönigin“ (2000) oder in einem „Selbstporträt mit Affen“ (2001) malt. Lassnig kehrt ihr Innerstes nach außen. Ihr wichtigstes Thema: sie selbst, ihr Körper, ihre Gefühle.

Anerkannt wurde sie erst spät. Erst als sie 61-jährig zur Professorin an die Wiener Hochschule für angewandte Kunst berufen wurde, folgten wichtige Ausstellungen; inzwischen zählt sie zur Garde der großen Künstlerinnen zwischen Meret Oppenheim und Louise Bourgeois und erhielt zuletzt den Max-Beckmann-Preis der Stadt Frankfurt am Main – als erste Frau. Das Frankfurter Städel widmet ihr nur eine kleine, anregende Ausstellung: 22 Bilder aus dem letzten Jahrzehnt.

Lassnigs Kunst ist vitaler geworden – und schonungsloser. Als nackte Froschkönigin in Menschengestalt schaut sie den Frosch auf ihren Schenkeln an und ist selbst kein Ausbund der Schönheit: das Gesicht kantig, die Brust schlaff, der Bauch faltig. Vor pastellgrünem Fond leuchtet ihr gelber Körper mit violetten Konturen. Körper und Konturen gehen oft ineinander über; so scheinen sie brüchig, verletzlich. Dazu die Farben: Lassnig kennt „Gedankenfarben, Geruchsfarben,Fleischdeckfarben, Schmerzfarben, Qualfarben, Nervenstrangfarben, Druck- und Völlefarben, Quetsch- und Brandfarben, Todes- und Verwesungsfarben.“ Auch kalte und warme Körperstellen, wie sie es nennt, malt sie wie mit einer Thermokamera. „Die grüne Malerin“ (2000) etwa hat warme, rote Augen und einen kalten, grünen Leib.

Sich selbst gegenüber holt Lassnig gnadenlos alle Befindlichkeiten ins Bewusstsein. Sie durchleuchtet sich, seziert ihre Gefühle. Die daraus entstehenden „Körperbewusstseinsbilder“ könnten tatsächlich von einer jungen Malerin stammen. Eine Künstlerin, die sich schwer einordnen lässt – zwischen Expressionismus, Realismus, Surrealismus, Body-Art. „Verwerft den Stil, wechselt ihn jede Woche“, lautet ihre Forderung, die sie selbst immer beherzigt hat.

Frankfurt/Main, Städel, bis 10. Oktober; Katalog 9.90 €.

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