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Kultur: Die Kunst des Zwergengangs Wolfsburg zeigt

Minimal und Concept Art

Nicht mehr und nicht weniger – genau 47 längliche Quader aus Zedernholz bilden das Material der Bodenskulptur „Uncarved Blocks, Vancouver 1975“. Der Bildhauer Carl Andre positionierte sie exakt so, dass die Quader in alle fünf (!) Himmelsrichtungen des chinesischen Kompasses weisen. Darüber hinaus zeigen 15 Holzblocks nach oben und repräsentieren damit den Menschen im Raum. Das heißt: den Museumsbesucher. Die Wolfsburger Schau „Minimal Concepts“ geht ins Grundsätzliche, zurück zu den Wurzeln der zeitgenössischen Kunst, zu Minimal und Concept Art.

Die spröden Zedernholz-Module Carl Andres von 1960 markieren das Geburtsjahr des Minimalismus. Sein Prinzip wurde durch Stanley Brouwn noch weiter radikalisiert, der geradezu besessen von Strecken war. Millimeterweise, wie ein Buchhalter übertrug er in dem Werk „1 Step“ (1973) einen Schritt, das zugleich angelsächsisches Längenmaß ist, auf 847 Karteikarten.

Bei aller Nüchternheit entwickelt die Konzeptkunst jedoch auch ihre poetischen Seiten wie etwa Altstar Lawrence Weiner mit seinen an die Wand geschriebenen Denksätzen. Oder philosophischen Witz wie in den Videos von Gary Hill. Oder Empathie wie bei den Körperkrümmungen eines Bruce Nauman. Beispiele der jüngeren Künstlergeneration belegen die Bedeutung der Minimal- und Konzeptkunst bis heute. Zwei Großfotos von Andreas Gursky zeigen schlicht kahle Flächen. Tobias Rehberger beweist mit seinem Beitrag „Decke Büroräume 1. Stock“ Humor. Die variablen Deckenhöhen seines Environments orientieren sich an den Körpergrößen von Museumsangestellten. Die als erstes Ausstellungsobjekt präsentierte Arbeit muss vom Besucher passiert werden und zwingt ihn je nach eigener Körpergröße zum Zwergengang.

Kunstmuseum Wolfsburg, bis 20. Februar; Katalog 35 Euro.

Jens Hinrichsen

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