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Ein Herrscher, viele Büsten. Blick in die Ausstellung.

© Foto: Ulrich Perrey

„Die neuen Bilder des Augustus“ in Hamburg: Des Kaisers unzählige Köpfe

Ein Popstar der Antike: Das Bucerius Kunst Forum würdigt Kaiser Augustus, der seine Macht durch Selbstdarstellung demonstrierte.

Zwei Namen, zwei Gesichter, zwei Staatsformen: Der erste römische Kaiser Augustus war die Janusköpfigkeit in Person. Als Gaius Octavius wurde der Großneffe von Gaius Julius Caesar im Jahr 63 vor Christus in Rom geboren, ein Spross Landadeliger aus dem Latium. Mit 14 wurde er dem Römischen Senat als Mitglied der gens iulia vorgestellt.

Seine Regentschaft wurde zum Goldenen Zeitalter verklärt

Der als auffallend entschlossen geschilderte junge Mann nahm in der Endphase der Republik den Kampf mit den Mächtigen auf. Erst die Adoption im Jahr 44 v. Chr. durch seinen Großonkel ermöglichte jedoch Octavians Aufstieg zum Kaiser Divus Augustus. Seine 51 Jahre währende Regentschaft bis 14 n. Chr. wurde zum zum Goldenen Zeitalter verklärt. Dabei spielen die visuellen Medien jener Zeit eine wichtige Rolle – Münzen, Statuen, Gemmen, Fresken, Wandbildern, Triumphbögen.

Mehr als 200 Beispiele dieser altrömischen Seriellen Kunst avant la lettre zeigt die von dem Archäologen-Ehepaar Annette Haug und Andreas Hoffmann, dem Geschäftsführer des Bucerius Kunst Forums, kuratierte Ausstellung „Die neuen Bilder des Augustus“. Sie steht unter der Schirmherrschaft der Botschaft der Republik Italien, die den Export großformatiger und gewichtiger Kunstschätze wie der Staute des circa 500 Kilo schweren Mars Ultor, des kämpfenden Mars, aus dem Archäologischen Nationalmuseum in Neapel ermöglichte.

Satyr und Mänade (oder Ariadne, um 40 v. Chr. – 50 n. Chr.) aus dem Archäologischen Museum in Neapel.
Satyr und Mänade (oder Ariadne, um 40 v. Chr. – 50 n. Chr.) aus dem Archäologischen Museum in Neapel.

© © Archivio dell’arte / Pedicini fotografi

Die Besucherinnen und Besucher des Bucerius Kunst Forums begrüßt die übermannsgroße Statue eines wahren Pop-Art-Kaisers. Das nachträglich kolorierte Brustschild des schreitenden Imperators hebt sich bunt von der grauen Binnenalster vor den Fenstern ab. Mit einer Hand hält Augustus sein Zepter und das rote Hüfttuch, während die andere dynamisch nach vorne weist.

Im Inneren der Halle, das in Grau, Hellrot und Dunkelgrün gehalten ist, vollzieht sich ein Frisurenwettbewerb in kühlem Marmor. Eine  Augustus-Büste reiht sich an die andere, wobei sich der Wandel des öffentlichen Kaiser-Bildes in verschiedene Phasen wie dem vorherrschenden Prima-Porta-Typ klassifizieren lässt: vom wilden Jungengesicht unter einem Pony, der sich in eigenwillige Fransen legt, hin zum gütig-milden, attisch inspirierten Antlitz des Pater patriae („Vater des Vaterlandes“) unter der Krone, der Corona civica.

Augustus‘ erfolgreiche Kriegsführung und die Entdeckung der Marmor-Steinbrüche in Luni hatten die Büsten- und Statuen-Produktion en gros ermöglicht. Flankiert werden die edlen Köpfe vom schändlich ermordeten Wortführer der Republik, dem bulligen Marcus Tullius Cicero in einer bräunlichen Toga.

34 Jahre nach der letzten deutschen Augustus-Schau im Gropius-Bau konzentriert sich die Hamburger Ausstellung in fünf Kapiteln „auf die neuen Kommunikationsstrategien, mit denen der Kaiser seine Macht manifestierte und wichtige Errungenschaften im Volk verbreitete“, so Kurator Hoffmann. Zufrieden und entschlossen blickt auch Kaiserin Livia unter ihrem Stirndutt hervor, einer Frisurenmode, die sich nicht durchsetzte.

Die geschiedene Livia wurde an der Seite Augustus‘ zum Inbegriff staatlicher Werte wie Frömmigkeit, Sittsamkeit und Gerechtigkeit stilisiert. Das ästhetische Vorbild des Kaiserpaares fand im Großbürgertum phantasievolle Nachahmer. Einige besonders prächtige, nicht zuletzt erotische Lebensfreude offenbarende Fundstücke stammen aus der pompejischen Stadtvilla des Bankiers Cecilio Giocondo. Marmorne Tischfüße mit Raubtierkrallen, ein Satyr, der nach einer nackten Brust greift oder Pflanzenranken aller Art markieren eine kollektive Lust am Bild, die nach Augustus‘ Tod allerdings wieder abebbte.

Doch da hatte der Kaiser mit seinen selbst verfassten „Res gestae“, seinem Tatenbericht, längst für seinen Nachruhm gesorgt – über die einstige Ziegelstadt Rom hinaus, die er laut dem Staatsdichter Sueton als Stadt aus Marmor hinterließ.

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