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Kultur: Die Sachsen kommen!

Dunkler Winter der Barbaren: „King Arthur“ von Antoine Fuqua

Rosemarie Sutcliff, seit jeher auf Stoffe der Artus-Saga spezialisiert, hat den Abzug der Römer aus Großbritannien in einem Roman beschrieben. „Drachenschiffe drohen am Horizont“ konzentrierte sich auf einen Centurio, der in Britannien bleibt, um die Zivilisation gegen die einfallenden Sachsen zu verteidigen. Als letzten Lichtblick zündet er auf dem Leuchtturm an der Küste ein Feuer an, um sich dann der Truppe eines jungen Kriegers anzuschließen: Artus.

Ganz ähnlich die Ausgangslage bei „King Arthur“, dem neuen Historienspektakel aus der Jerry-Bruckheimer-Fabrik. Regisseur Antoine Fuqua („Lightning in a Bottle“) hat sich – keine ganz neue Idee – vorgenommen, die wirklich wahre Geschichte von König Artus zu erzählen. Und die geht, gestützt auf neuere Forschungen, so: Arthur, eigentlich Artorius Castus, ist der letzte Römer in Großbritannien. Er steht an der Spitze einer wilden Truppe osteuropäischer Krieger, die von den Römern besiegt und zur Verteidigung des Imperiums in den Norden geschickt wurden. Ihre Freiheit sollen sie bekommen, wenn die Römer abziehen und die Insel den marodierenden Sachsen überlassen. Doch Arthur und sein Team – das Fuqua nicht von ungefähr an Sam Peckinpahs Spätwestern „The Wild Bunch“ orientiert hat – bleiben, um Frauen und Kinder zu retten.

Ob das nun historische Wahrheit oder nur ein neuer, guter Mythos rund um Camelot ist: Lancelot, Cerdic, Galahad, Tristan und Bors sind eine starke Eingreiftruppe. Und Artorius, gespielt vom stets etwas melancholisch verschatteten Clive Owen, ist eine gebrochene Lichtgestalt, wie man sie im Genre des Historienfilms selten findet. Diese letzten Ritter sind selbst eher Cowboys, Outlaws, und der zivilisatorische Firnis, den ihnen ihr Chef überzustreifen sucht, bricht bei jeder Gelegenheit auf: angesichts eines Gegners, eines Metkrugs oder einer Frau.

Das ist nicht die verfeinerte höfische Welt, die wir seit den Epen Chrétien de Troyes mit der Artus-Sage verbinden: eine Welt aus Tafelrunde, Minnedienst und Gralssuche, wo Zauberer und Hexen für Verwirrung sorgen. Jerry Zuckers Film „Der erste Ritter“ von 1995 hat dieses Bild perfekt bedient, mit Richard Gere als Lancelot, der zeitlebens in unglücklicher Liebe zu seiner Königin Guinevere entbrannt ist. John Boorman hat 1981 mit „Excalibur“ die wilde, magische Seite der Artus-Saga in einen brutalen Psychotrip verwandelt, Marion Zimmer Bradley die Story in „Die Nebel von Avalon“ als feministische Weltverschwörung gelesen.

Fuqua macht daraus, durchaus fesselnd, ein düsteres Winterstück aus barbarischen Zeiten. Keine Spur von Tafelrunde, Gral und Minne, auch die Liebe zwischen Guinevere und Lancelot, der Verrat an Artus kommen kaum vor. In Britannien herrscht finsterstes Mittelalter. Und Merlin (Stephen Dillane), der Zauberer, ist bloß der Anführer der blau bemalten Pikten, der mysteriösen Ureinwohner Britanniens, die sich mit Arthurs Truppe gegen die Sachsen verbünden. Guinevere, seine Tochter, ist eine selbstbewusste Kriegerin, die selbst zu Pfeil und Bogen greift und am Ende in abenteuerlicher Kriegsbemalung halbnackt in die Schlacht zieht. Keira Knightley („Fluch der Karibik“) trägt die ziemlich undankbare Rolle mit Würde.

Die heimlichen Helden jedoch sind die bösen Sachsen. Nicht nur, weil Stellan Skarsgard als Cedric ein sehr charismatischer Sachsenführer ist; sogar Til Schweiger als Cedrics Sohn macht bis auf das alberne Kinnbärtchen gute Figur. Doch am Ende hilft den Sachsen alle Bosheit nichts. Die Zivilisation siegt leider doch.

In 24 Berliner Kinos; OV im Cinemaxx Potsdamer Platz und Cinestar SonyCenter

Christina Tilmann

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