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Kultur: Die Schwerelosigkeit der Steine

ARCHITEKTUR

Sanft wie die Dünung des Meeres an einem stillen Frühlingsabend, so scheint sich die Dachlandschaft des 2001 von Itami Jun in Jeju/Korea errichteten Hotels auf und ab zu bewegen. Harmonisch schmiegt sich der lang gestreckte Baukörper dabei in die hügelige Landschaft ein. Eine Harmonie, die auch die anderen Projekte von Itami Jun auszeichnet, die derzeit in der Galerie Aedes East unter dem Titel „Tradition und Moderne“ zu entdecken sind (Hackesche Höfe, bis 2. Mai, Katalog 10 €). Jun, Japaner koreanischer Abstammung, schafft eine höchst sinnliche Architektur. Ablesbar wird dies bereits an seinen akribischen Projektzeichnungen mit ihren dichten Bleistiftschraffuren, denen der Charakter eigenständiger Kunstwerke zukommt.

Leitmotiv in Juns Werk ist die Materialität. Etwa beim „Carved Tower“ (1988/Seoul), dessen mächtige Steinblöcke sich aus der Fassadenflucht herausschieben und so die Fassade gleichsam in Bewegung bringen. Das Ergebnis ist ein ungewöhnlicher Effekt: So schwer die mächtigen Steinblöcke sind, so schwerelos wirken sie durch ihren Versprung. Die fast rustikal anmutende Materialverwendung kennzeichnet auch die Steinkirche von 1991, die Jun in Japan verwirklicht hat (Hokkaido, 1991). Das Trageskelett aus schlichten Baumstämmen wird durch Natursteinwände aufgefüllt.

Juns Architektur erweist sich dabei als eine spannende Anregung für einen modernen Regionalismus. Seine Idee ist es, durch die haptisch spürbare „Präsenz der Materialien“ eine Architektur mit „regionaler Textur“ entstehen zu lassen.

Jürgen Tietz

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