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Kultursenator Wowereit: Die Sendung mit dem Klaus

Der Regierende Kulturmeister macht weiter. In Wahrheit ist das eine gute Nachricht.

Offiziell ist es noch nicht, aber fast alles spricht dafür, dass André Schmitz Kulturstaatssekretär bleibt – mit, neben und unter dem Regierenden Bürgermeister Klaus Wowereit, der die nächste (halbe?) Legislaturperiode auch als Kultursenator weitermacht. In zwei Jahren könnte dann alles wieder anders sein, sollte Wowereit in die Bundespolitik gehen.

Dort steckt Monika Grütters fest. Die CDU-Politikerin war als Senatorin für Wissenschaft und Kultur im Gespräch, und das wäre eine sehr gute Lösung gewesen; die beiden Berliner Perspektiv- und Kreativressorts in einer Hand. Allein, Monika Grütters ist wieder nicht dabei, hat wieder kein Amt. Weil ihre Karriereplanung letztlich doch eine bundespolitische ist und die Berliner CDU es nicht geschafft hat oder nicht schaffen wollte, eine solch hervorragende Persönlichkeit wie Monika Grütters in den Senat zu locken. Vielleicht fürchtete sie auch Kollisionen mit dem Regierenden, der einen fröhlich-handfesten Umgangsstil pflegt.

Er also nun wieder. Berlin, so nörgeln manche, will zwar Kulturmetropole sein, leistet sich aber nicht einmal einen eigenständigen Kultursenator. Das macht der Chef nebenbei, und den ganzen großen Rest, also die Arbeit, besorgt Schmitz. Ein Blick auf die Liste der Berliner Kultursenatoren der letzten 20 Jahre wirkt da erhellend. 1990 trat der parteilose Ulrich Roloff-Momin an; ein guter Typ, durchsetzungsstark, letztlich ohne Hausmacht. Das Schiller-Theater haben sie ihm unterm Hintern weg geschlossen, und seine Memoiren nannte er „Zuletzt: Kultur“. Der Titel wurde sprichwörtlich. Weiß jemand noch, was Senatorinnen wie Christa Thoben (gefühlte zwei Wochen im Amt) oder Adrienne Goehler (sie hatte kaum ein Jahr) bewegen konnten? Was Peter Radunski (über den man lächelte) und Christoph Stölzl (mit dem man immer gut reden kann) gerissen haben? Thomas Flierl, der im ersten Wowereit-Senat Senator für Wissenschaft, Forschung und Kultur war, wurde gelegentlich am Ring durch die Manege geführt. Kurz: Die Erfahrungen mit Senatoren für Kultur und anderes, die sich so nennen durften, sind durchwachsen. André Schmitz hatte mehr Einfluss.

Die zurückliegenden fünf Jahre waren in der Kultur berauschend und frustrierend zugleich. Weil es einfach lief, die Häuser Sicherheit hatten, die Besucher aus aller Welt immer zahlreicher kamen. An Wowereit liegt es sicher nicht, wenn Theater schwache Spielzeiten hinlegen oder umgekehrt die Museen den Ansturm kaum bewältigen. Die Lehre des letzten Jahrzehnts ist einfach: Berlin entwickelt sich stark, auch ohne visionäre Politik. Die Etats blieben stabil, es gab sogar finanziellen Zuwachs für die Kultur.

Was tatsächlich nottut, ist mehr von jenem Pragmatismus, den Wowereit auszeichnet. Neue Orte sind entstanden, wie das Radialsystem, wie C/O Berlin. Diese privaten Initiativen müssen gestärkt werden. Der Senat kann dafür sogen, dass Liegenschaften da und dort vorrangig kulturell genutzt werden. Es war immer Berlins Stärke, Künstlern Atemluft, Arbeitsräume, geistige Freiflächen zu überlassen. Die freie Szene anno 2011 ist nicht mehr zu vergleichen mit dem Off-Bereich der achtziger oder neunziger Jahre. Neue Steuerungsmechanismen wären zu entwickeln; auch das ist eher praktische Politik als die Träumerei eines Kultursenators, der glänzend repräsentiert.

Die Liste der Personalfragen ist lang, die Wowereit und Schmitz (wenn er nicht doch überraschend ausscheidet) jetzt vor sich haben. Neue Theaterleiter gesucht: am Maxim-Gorki-Theater, am Ballhaus Naunynstraße und in diesem Jahrhundert wohl auch noch an der Volksbühne. Die Choreografin Sasha Waltz wird nach einer größeren festen Bleibe in Berlin rufen. Und auch wenn es eine Bundesangelegenheit ist: Das künftige Humboldt-Forum liegt mitten in der Hauptstadt, nahe beim Roten Rathaus. Wie will die Berliner Kulturpolitik damit umgehen, man ist hier ja nicht bloß Anrainer? Und will Wowereit jetzt wirklich die längst begrabene Kunsthalle, und wofür?

Der Regierende Kulturmeister macht weiter. In Wahrheit ist das eine gute Nachricht.

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