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Porträt des Komponisten als junger Mann. Mikis Theodorakis im Jahr 1970.

© imago

Sommerkonzert für Mikis Theodorakis: Die Stimme Griechenlands

Der griechische Komponist Mikis Theodorakis wurde im Brandenburger Dom mit einem festlichen Konzert geehrt. Das Publikum zeigte sich gebannt.

Widerstandskämpfer, überzeugter Linker, Agnostiker, ist Mikis Theodorakis dennoch überzeugt: „Persönlich hatte ich das Glück, seit meiner Kindheit von Kirchenmusik durchdrungen zu sein.“ Jetzt, da der griechische Komponist gerade 90 Jahre alt geworden ist, wird er im Dom zu Brandenburg mit einem festlichen Konzert geehrt. Es trifft sich, dass man in diesem Jahr das 850. Bestehen des riesigen Backsteinbaus mit einem eigenen Jubiläumsprogramm feiert, dass zudem die verdienten Brandenburgischen Sommerkonzerte ihre 25. Saison begehen und der Geburtstag des Komponisten somit den Dreiklang in weiter Lage voll macht.

Der Dom wird an diesem Tag fast vom Ansturm überrannt, wie Joachim Pliquett, Künstlerischer Leiter der Sommerkonzerte, nicht ohne Genugtuung bemerkt. Im Mittelschiff drängen sich zusätzliche Stühle dicht an dicht. Es gastiert das Vocal Concert Dresden, ein semiprofessionelles Ensemble von hohem Rang, das für außergewöhnliche Programme einsteht. So führt vor der Pause ein Kaleidoskop geistlicher Musik vom 16. bis zum 20. Jahrhundert beziehungsvoll hin zu dem Werk von Theodorakis, der „Stimme Griechenlands“, wie er genannt wird. Dynamische Differenzierung schafft der Chor bei Mendelssohn und so viel Reinheit der Intonation, dass im „Magnificat“ von Arvo Pärt die Dissonanzen linde schmeicheln.

Die Einfachheit der herben Klänge

Mit der „Liturgie Nr. 2“ (ein Begriff im griechisch-byzantinischen Ritus für Taufe und Firmung) hat es eine besondere Bewandtnis: Theodorakis schrieb sie im Auftrag der Dresdner Musikfestspiele, wo der Kreuzchor das Werk 1983 uraufführte. Damals sang im Knabenchor Peter Kopp mit, der den Kruzianern bis heute nahesteht und als inspirierender Leiter des Vocal Concert die Aufführung dirigiert.

Im Gespräch mit Moderator Ulrich Amling schilderte er aus seiner Erinnerung, wie der Eindruck des Ganzen ihn damals in der DDR überfordert, die Komposition aber seither nicht mehr losgelassen habe. Sie ist keine messetaugliche gottesdienstliche Liturgie, sondern „gewidmet den Kindern, getötet in Kriegen“. Die Texte stammen von Tasos Livaditis, dem Dichter, der im Bürgerkrieg zusammen mit Theodorakis auf der Folterinsel Makronissos gefangen war, und dem Komponisten selbst. Es ist eine Klage um Getötete, Kinder einer „heiligen Mutter“, namhafte wie Anne Frank und Che, auch „Märtyrer Partisanen“. Die Einfachheit der herben Klänge, nicht der Realisierbarkeit, besticht, weil in ihrem tonalen Duktus Byzanz Pate steht, die Nähe der gewaltigen dritten Symphonie von Theodorakis. Das Publikum zeigt sich gebannt von dieser anderen Seite des Lieder- und Sirtaki-Komponisten. Großer Beifall.

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