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Steinmeier 2015 mit dem stellvertretenden Kulturminister des Iran, Ali Moradkhani hinter dem Direktor des Teheran-Museums, Majid Mollanoroozi und dem Vizepräsidenten der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Günther Schauerte.

© dpa

"Die Teheran-Sammlung": Die deutsche Außen-Kulturpolitik hat Grenzen

Die Absage des Teheran-Berliner Ausstellungsvorhabens mahnt, die Unwägbarkeiten dialogischen Kulturaustauschs nicht aus dem Auge zu verlieren. Ein Kommentar.

Ein Kommentar von Bernhard Schulz

Teheran und Berlin, das geht so bald nicht zusammen. Jedenfalls nicht im vermeintlich so leichtgängigen Bereich der Kultur: Die geplante Ausstellung von Kunstwerken aus dem Teheraner Moderne-Museum in der Gemäldegalerie wurde nicht hochoffiziell abgesagt, vielmehr versandete das Vorhaben im Gewirr inneriranischer Zuständigkeiten. Anders ausgedrückt: Wenn sie der Teheraner Führung wirklich wichtig gewesen wäre, gäbe es die Schau.

Sie war mehr von deutscher Seite aus erwünscht als von iranischer. Und da zeigt sich ein Muster, das für die Auswärtige Kulturpolitik gerade häufiger zutrifft. Es ist die deutsche Seite, die den Kontakt und den Austausch sucht. Weltweit, ohne Vorbedingungen und Vorbehalte. Was in der „großen“ Politik nicht möglich ist, soll „im Kleinen“ der Kultur eingeübt werden. Seit Willy Brandt die Auswärtige Kulturpolitik zur „dritten Säule“ der Außenpolitik adelte, also nicht länger als Dekor für politische Diplomatie betrachtete, haben die „Mittlerorganisationen“ der staatsfernen deutschen Kulturbetätigung weitgehend ungestört betreiben können, was die Bildung kultureller Beziehungen befördert. Andere Staaten sehen die Kulturrepräsentanz weit funktionaler, als Eigenwerbung knapp unterhalb der gezielten Einflussnahme.

„Kultur ist der vorpolitische Freiraum, in dem gesellschaftliche Themen gezeigt, erzählt, in Bilder und Töne gefasst werden“, hat Außenminister Steinmeier vor ein paar Monaten erklärt. Das mit dem „Freiraum“ ist nun gerade nicht neu, es ist vielmehr das Credo deutscher Außen-Kulturpolitik seit Brandts Zeiten. Ein Land, das die Verheerungen ideologischer Indoktrination und staatsgeformter Kultur in gleich mehreren politischen Systemen erlebt hat, tut gut daran, Freiräume zu bestimmen und zu verteidigen.

"Dialog" - ein Lieblingswort

Es fragt sich nur, ob die jeweiligen „Partner“ – wie sie, leicht euphemistisch, stets genannt werden – das jeweils auch so sehen. „Wir leben in einem Zeitalter der Überlagerung von Konflikten durch vorgeblich religiöse oder pseudo-kulturelle Ideologien“, hat Steinmeier auch gesagt. Da meint man ganz leise die These des amerikanischen Politologen Samuel Huntington vom Clash of Civilizations, vom Kampf der Kulturen, herauszuhören, die vor 20 Jahren Kopfschütteln bis wütende Ablehnung erfuhr. Die These, dass die bis zum Ende der Ost-West-Konfrontation herrschenden politisch-militärischen Konflikte abgelöst würden durch das Aufeinanderprallen kulturell bestimmter Blöcke, die Huntington vorwiegend als religiös bestimmt dachte. Der Clash of Civilizations ist zum Unwort gestempelt worden, und seither wagt ihn kaum jemand zu nennen, auch wenn die Weltgeschichte seither furchtbare Beispiele für die nicht völlige Abwegigkeit dieser These geliefert hat.

Damit kann die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik der Bundesrepublik nun gar nicht umgehen. Sie hält am Partnerprinzip fest, sie muss es tun, denn es ist in der Tat der einzige Weg, zu fruchtbaren Kulturbeziehungen zu kommen. Zum „Partner“ hinzu gehört der „Dialog“, das zweite Lieblingswort aller Mittlerorganisationen. Den Dialog hat die deutsche Seite auch mit Teheran gesucht, selbstverständlich, und so lange Dialog anhält und möglich ist, so lange vergeht auch nicht die Hoffnung auf ein gutes Ende. Das ist alles richtig, und gerade für Deutschland in seiner Mittellage in Europa und in der Welt kann es nichts anderes geben als den beständigen Versuch, im Dialog regelrechte Partner zu finden.

Doch die Absage des Teheran-Berliner Ausstellungsvorhabens mahnt, die Unwägbarkeiten und Grenzen dialogischen Kulturaustauschs nicht aus dem Auge zu verlieren. Diese Welt ist ideologisch aufgeladen, ob man nun religiöse oder kulturelle Einflüsse für bedeutender halten will. Während wir den Ausfall einer schönen Kunstausstellung beklagen mögen, sinken anderenorts ganze Städte und Kulturen in Schutt und Asche. Das ist die Realität, an der keine Auswärtige Kulturpolitik vorbeikommt.

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