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Kultur: Die vordigitale Zauberkiste

bekundet Interesse am Berliner Babylon „Habseligkeiten“? Das mag laut Schönstenliste das schönste deutsche Wort sein, aber es gibt köstlichere, erkoren aus der Verwaltungssprache: „Interessenbekundungsverfahren“ zum Beispiel.

bekundet Interesse am Berliner Babylon „Habseligkeiten“? Das mag laut Schönstenliste das schönste deutsche Wort sein, aber es gibt köstlichere, erkoren aus der Verwaltungssprache: „Interessenbekundungsverfahren“ zum Beispiel. Im Gerangel um die Zukunft des Babylon-Kinos trat es jetzt an die Öffentlichkeit. Bis Ende des Jahres darf sich – neben den jetzigen Betreibern – jeder melden, der das Haus am Rosa-Luxemburg-Platz als kommunales Kino weiter bespielen möchte. Kurzfristig gesichert ist mittlerweile, dass das Babylon zumindest die nächsten Monate weiterspielen kann. Es tut dies im Dezember mit einem Programm, das von Fellinis Traumschiff (Mittwoch) bis zu Ang Lees Eissturm (ebenfalls Mittwoch), von Cinema Paradiso (Dienstag) bis zu den animierten Märchen des tschechischen Poeten Jan Werich (Freitag) noch einmal alle Tricks der vordigitalen Zauberkiste Kino auspackt.

Ein Interessenbekunder ist auch Bernhard Sallmann, dessen Werkschau heute mit der Premiere von Die Lausitz im gleichen Kino eröffnet wird. Sallmann ist ein leiser Filmemacher, der seine Stoffe vor der Haustür sucht. Schon 2002 hat der in Österreich geborene Wahl-Neuköllner seinen Heimatbezirk filmisch gegen grassierende Klischees verteidigt. Dabei verläuft sich Berlin-Neukölln (Sonnabend im kleinen Saal) keineswegs in polemischer Gegenrhetorik, sondern gestattet sich und uns schlicht den passionierten Blick hinter die Kulissen.

Aus Neukölln kommt auch Nazmi Ramadani, der Kosovo-Albaner, dessen missglückte Abschiebung wiederholt durch die Presse ging. Wie das Leben rückgeführter Ex-Kosovaren nach ihrer Abschiebung aussehen kann, zeigt eine Dokumentation des Ex-Jugoslawen Zelimir Zilnik, die Donnerstag (in Anwesenheit von Zilnik) und Freitag im Babylon vorgeführt wird. Kenedi heißt der junge Mann, der als illegaler Taxifahrer am Belgrader Flughafen aus Deutschland Abgeschobene aufsammelt und auf den ersten Schritten in der fremden Heimat begleitet. Es sind Roma wie er: Jetzt stehen sie vor dem Nichts. Denn dort, wo sie zu Hause sein sollen, stehen Ruinen; und ihre Kinder sprechen nicht einmal die Landessprache. Kenedi goes back home ist das Gegenteil von Sallmanns Gelassenheitsübung: ein Vehikel für die ohnmächtige Wut der zum zweiten Mal aus ihrem Leben Verstoßenen.

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