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Kultur: Diese Woche auf Platz 1 Pur

„Was ist passiert?“

HITPARADE

Jedes Land bekommt die Stars, die es verdient. Die Amis haben Springsteen und die Dixie Chicks, die Engländer Robbie Williams, und in Italien klampft der Ministerpräsident. Wir haben Hartmut Engler, den Fernsehgarten-Rocker. In Bietigheim bei Stuttgart denkt er sich mit seiner Band Pur den Soundtrack für die Vereinsheime, Neubaugebiete, Wursttheken und Eisdielen der Provinz aus: gefühlsbetont, bodenständig, unsexy.

An seinen Texten lässt sich der Gemütszustand der schweigenden Mehrheit ablesen. Engler ist der Mann für alle, denen Campino zu hart, Wolfgang Petry zu weich, Dieter Bohlen zu primitiv und Herbert Grönemeyer zu intelligent ist. Das sind offenbar sehr viele, denn keine deutsche Band verkauft so viele Platten wie Pur. Als die deutsche Fußballnationalmannschaft im letzten Jahr Vize-Weltmeister wurde, ließ der DFB Pur nach Japan fliegen, um zur Feier des Tages im Mannschaftshotel in Yokohama zu spielen. „Wir sind immer noch da“, sang Hartmut Engler um vier Uhr morgens. Christian Ziege und Sebastian Kehl sangen mit, Rudi Völler tanzte mit seiner Sabrina, und der Kanzler applaudierte. Nur der Stoiber war schon im Bett. Ein Jahr später sind Pur, Schröder und die Nationalmannschaft immer noch da, aber die Euphorie jener Nacht ist verflogen. „Was ist passiert?“, fragt er im Titelsong des neuen Pur-Albums und beklagt den Stillstand, der taub und satt mache, aber innen ganz wund. Aus dem „Abenteuerland“ (Pur 1995) ist das Land der Konfusion geworden. Das Pur-Barometer zeigt an, dass sich die schweigende Mehrheit in einem Zustand der Verunsicherung befindet. Ab hier kann es eigentlich nur noch bergauf gehen.

Heiko Zwirner

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