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Kultur: Diese Woche auf Platz 15 Eko Fresh

„Ich bin jung und brauche das Geld“

HITPARADE

Der offizielle deutsche Pop-Nachwuchs macht derzeit den Eindruck, als könne er geschlossen den Titel dieser Single unterschreiben. Sieht man unseren Castingshow-Mutanten nicht kilometerweit an, dass sie es nur des Geldes wegen tun? Und sehen sie dabei nicht eher alt aus?

Als die Rolling Stones vor langer Zeit einmal sagten: „We’re only in it for the money“ – da war das eine schöne Provokation gegen den Hippiegeist der Zeit. Auf dem Musikmarkt aber gilt momentan das Gesetz vom Survival of the Fitnessstudiobewohner. Überoptimal trainiert, verkündet er seinen Erfolg als Botschaft. Sein pekuniäres Ziel ist zugleich sein künstlerischer Inhalt. Wie schlimm muss die gefühlte Rezession die Deutschen angehen, wenn Sachbearbeitergesichter wie Alexander auf Platz zwei stehen? Früher einmal war Revolte sexy, heute ist es das geregelte Einkommen. All diesen Frühvergreisten zeigt der knapp 20-jährige Ekrem Bora gerade, wie’s Business geht. Statt sich frisch geföhnt und mit Bewerbungsmappe vorzustellen, hat der gebürtige Mönchengladbacher sich gleich zum „König von Deutschland“ erklärt. Ohne Rücksicht darauf, dass es da mal jemanden namens Rio Reiser gab, der an dem Titel die älteren Rechte hat. Mit dem ungebremsten Schwung eines Landeis schaffte er sogar, den Geschäftsführer seiner Plattenfirma BMG, Thomas M. Stein, im Video mitspielen zu lassen. Eko Fresh ist neben Mustafa Sandal momentan der zweite türkischsprachige Künstler in den deutschen Charts. Fresh steht in klassischer HipHop-Tradition und hält sich selbst für „das achte Weltwunder“. Wenn man seiner Selbstbeweihräucherung eine Weile zugehört hat, kriegt man Lust, ihm einen Lolly in die Hand zu drücken und zu sagen: Mach’ mal halblang, Kleiner. Aber das haben ihm andere auch schon vergeblich gesagt.

Ralph Geisenhanslüke

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