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Kultur: Doch bunt ist der Alltag aller Eltern

MUSICAL

Natürlich ist die Verlockung groß, wenn Oma mit der Kleinen in „Hänsel und Gretel“ geht, einen entspannten Fernsehabend einzuschieben. Vielleicht sollten Sie sich aber doch aufraffen und zum „Elternabend“ in die Neuköllner Oper kommen, dem neuen, bitterbösen Musical des Off-Musiktheater-Erfolgsteams Peter Lund (Text), Thomas Zaufke (Musik), Bernd Mottl (Regie) und Hans-Peter Kirchberg (Bandleader). Denn zwischen dem Holzspielzeug eines Friedenauer Schülerladens (Bühne: Jürgen Kirner) tummeln sich genau jene Typen, denen man beim Elternabend lieber aus dem Weg geht: die Gutmenschin und die Emanze, die frustrierte Zicke, die naive Frohnatur und der verquaste Pädagoge. Kein Wunder, dass die Stimmung schnell so gemütlich wird wie bei „Wer hat Angst vor Virginia Woolf?“.

Krachend schlagen die aus dem Hinterhalt abgeschossenen Fiesheiten ein, wenn sämtliche Katastrophenkonstellationen so einer abendlichen Begegnung durchdekliniert werden, und die Darsteller – Emma-Mama: Saskia Huppert, Kevin-Papa: Guido Schmitt, die Phillip-Eltern: Christine Rothacker und Kay Rode, Maria-Mama: Yara Blümel, Erzieher-Dennis: Gerd Lukas Storzer, Meret- Claudelle-Mamma: Nicole Rößler – über Tisch und Stühle gehen, bis die Klotüren knallen, Tränen fließen und das Tiramisu auf den Teppich klatscht. Auch wenn die Musicalmacher so viele Handlungsstränge in die zweieinhalb Stunden quetschen, dass mancher Konflikt lediglich angetippt wird, hat die Nummernrevue durchgängig Drive, dank des effektsicheren Timings der Pointen und einer Musik, die zwischen Psychopharmaka-Rumba und Petzen-Twist, Lloyd-Webber-Sentimentalität und rauchiger Barmusik liebevoll alle Stilebenen des Genres zitiert. Ein Abend für Erziehungsberechtigte, die Mumm genug haben, sich selbst bei der Arbeit zuzuschauen (bis 1. Februar). Und wer ganz verwegen ist, nimmt sogar seine pubertierenden Kids mit.

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