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Ortung ist alles: Wie man auf Mopsfledermausfang geht.

© promo

Doku "Fukushima und die Mopsfledermaus": Winde der Wende

Nach dem Atomausstieg: die Dokumentation „Fukushima und die Mopsfledermaus“ geht dem Projekt "Energiewende" in all seiner Komplexität nach. Am Samstag feiert der Film in Berlin Premiere.

Der Wind hat sich gedreht. Nach dem Super-Gau in Fukushima im März 2011 wurde in Deutschland der Atomausstieg bis zum Jahr 2022 beschlossen. Ein radikaler Richtungswechsel, der durch den Ausbau erneuerbarer Energien möglich werden soll. Nun sprießen allerorts hoch subventionierte Windparks aus dem Boden. Warum sich dagegen auch Widerstand regt, das zeigt der Film „Fukushima und die Mopsfledermaus“, der dieses Wochenende in Berlin Premiere feiert. Exemplarisch widmet er sich einer Anti-Windkraft-Initiative im süddeutschen Spessart, dem größten Laubmischwald Mitteleuropas, und der Frage: Was bedeutet das Projekt der „Energiewende“ eigentlich konkret?

In der hessischen Gemeinde Flörsbachtal sollen Teile des kommunalen Waldgebiets an Windkraftbetreiber verpachtet werden. Um erneuerbare Energien zu fördern und die leeren Kassen zu füllen – sagt die Politik. Unter den Bürgerinnen und Bürgern keimen Zweifel: Müssen nicht für den Bau der Anlagen riesige Schneisen in den Wald geschlagen werden? Sterben nicht regelmäßig bedrohte Arten wie die Mopsfledermaus oder der Rotmilan bei der Kollision mit den rotierenden Ungeheuern? Was bewirken die noch nicht abschließend erforschten Infraschallwellen bei Mensch, Flora und Fauna? Und wer garantiert, dass es bei den angesagten 20 Windrädern bleibt?

Beruht nicht die gesamte Konsumgesellschaft auf der Ausbeutung von Mensch und Natur?

Die Politik will das Projekt „Energiewende“ nicht auf Spiel setzen – Atom- und Kohlekraft haben schon genug Schaden angerichtet. Die Bürgerinitiative fühlt sich mit ihren Einwänden übergangen. Sie glaubt, Gesundheitsschäden bei Mensch und Tier, die Verschandelung und Entwertung der Heimatlandschaft würden billigend in Kauf genommen, damit „einige wenige Projektierer das große Geld machen“, wie es bei einer Bürgerversammlung heißt.

Die Filmemacher Philipp von Becker und Misha Bours haben auf eine Einordnung der verschiedenen Stimmen verzichtet, etwa durch einen Off-Erzähler oder Einblendungen von Namen oder Position. Das erschwert den Einstieg, konfrontiert das Publikum jedoch mit der Komplexität des Problems, ohne dass man es sich mit einer vorgegebenen Argumentation bequem machen könnte. Stattdessen lange Landschaftsaufnahmen: Zeugnisse menschlichen Raubbaus an der Natur, die das Klein-Klein der kommunalen Politik grundsätzlich in Zweifel ziehen: Beruht nicht die gesamte kapitalistische Konsumgesellschaft auf der Ausbeutung von Mensch und Natur?

Demokratische Beteiligung, Umweltschutz, gesellschaftliche und individuelle Verantwortung – viele Fäden durchziehen den Film, die sich nicht von selbst zusammenfügen. Die entscheidenden Fragen werden am Schluss von einem Familienvater beim Angelausflug ausgesprochen: Müsste eine wirkliche Wende in der Umwelt- und Energiepolitik nicht mit einer Abkehr vom globalen Wachstumszwang einhergehen? Und sind die Menschen überhaupt in der Lage, die etablierte Profitwirtschaft des Egoismus hinter sich zu lassen? Es wäre ein zivilisatorischer Schritt.

Film und Gespräch am 18.6. (20 Uhr), 19.6. (19.30 Uhr) und 20.6. (20 Uhr) im Berliner Regenbogenkino

Carolin Haentjes

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