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Kultur: Du Schlaffi!

Das starke Geschlecht (2): „Reine Männersache“.

Es klopft,ein Mann tritt ein, graue Haare, grüne Kapuzenjacke, Seidenschal. „Wer bist du?“ Die Stimme ist sonor und selbstsicher, fast streng. „Detlev, schwarzer Bussard.“ – „Detlev, schwarzer Bussard, warum bist du heute hier?“ – „Ich will mich …“ – der Mann in der Kapuzenjacke spricht sanft, zögert kurz – „… im Kreis der Männer spüren.“ – „Tritt ein in den heiligen Raum, such dir einen Platz und sei in Stille. A-howgh.“

Männer sind eine rätselhafte Spezies, das macht „Reine Männersache“ schon in der ersten Einstellung klar. Die Indianeresoterik der Selbsthilfegruppe, deren Mitglieder sich „Ganesha, der Elefant, der zum Wasser geht“ oder „Peter, white flying fox with the open heart“ nennen, befindet sich an dem einen Ende des Spektrums, das Susanne Binninger in ihrem wunderbaren Dokumentarfilm untersucht. Am anderen Ende diskutieren Airbus-Manager darüber, wie sich Führungsposition und Familienleben unter einen Hut bringen lassen. Sie nennen es Vätervereinbarungsspagat.

Die Auswahl der Personen und Situationen, die Binninger für ihre Studie getroffen hat, ist so erhellend wie überzeugend. Der ehemalige Architekt etwa, der jetzt als Tagesvater drei Kleinkinder hütet. Oder der Schauspieler, der in einem Waschmaschinen-Werbespot den modernen Mann verkörpern soll: souverän und stark, gleichzeitig zurückhaltend und schalkhaft, aber auf keinen Fall ein Schlaffi. „Schlaffi“, „Schlappschwanz“, „Warmduscher“ – die Schreckensbilder sind dieselben wie früher.

Lisa Fischbach hat aus 13 000 Suchprofilen einer Online-Partnerbörse ein repräsentatives Bild gesellschaftlicher Rollenerwartungen destilliert. Treu, humorvoll und intelligent hat der Mann demnach zu sein, beruflich erfolgreich, als Architekt, Arzt, Journalist, Anwalt oder Manager. Die Mehrzahl der Männer kann sich nicht mit der Vorstellung einer Partnerin anfreunden, die erheblich mehr Geld verdient als sie. Ein Kollege will mal von einer Studie gehört haben, nach der „Beziehungen, in denen noch das alte Rollenmodell greift, tendenziell die glücklicheren“ seien. „Wir hocken letztlich noch in den fünfziger Jahren“, bilanziert Fischbach.

Der Film, der bereits im ZDF zu sehen war, ist ästhetisch brillant von Kameramann Marcus Lenz fotografiert. Sein unbewegter, beobachtender Blick verwandelt alle Räume in Bühnen, macht jeden, der darin auftritt, zum Rollenspieler. Häufig sind Szenen aus der Distanz, ohne Ton gefilmt, oder die Figuren sind nur als Torso sichtbar. So lädt der Film dazu ein, die Körpersprache zu studieren. Die Krise des Mannes ist freilich nichts Neues, F.K. Waechter sah Männer schon vor dreißig Jahren auf verlorenem Posten, ein Jahr später stimmte Grönemeyer seine berühmte Männer-Hymne an. „Reine Männersache“ zeigt, was sich seitdem dann doch verändert hat: Männer haben es immer noch schwer. Aber sie nehmen es nicht mehr leicht. David Assmann

Lichtblick Kino, am 2. und 3. Juni in Anwesenheit der Regisseurin und eines Protagonisten.

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