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Mit Gedichten zum Nobelpreis: der Schwede Tomas Tranströmer.

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Update

Ehrung: Literatur-Nobelpreis für Tomas Tranströmer

Zum ersten Mal seit langem hat wieder ein Schwede den Nobelpreis für Literatur erhalten. Die Akademie der Wissenschaften in Stockholm verlieh die Auszeichnung an den Lyriker Tomas Tranströmer. Marcel Reich-Ranicki hat den Namen noch nie gehört.

Schon in den vergangenen Jahren war Tranströmer als Favorit gehandelt worden: Nun wird dem 80-jährigen schwedischen Lyriker tatsächlich diese Ehre zuteil. Lauter Jubel brach bei der Verkündung in der Akademie der Wissenschaft in Stockholm aus. Tranströmer ermögliche den Lesern durch seine „dichten, klaren Bilder einen neuen Zugang zur Wirklichkeit“, hieß es zur Begründung. Die meisten der Gedichtsammlungen des Schweden seien durch „treffende Metaphern“ und Konkretheit gekennzeichnet. Durch die Auszeichnung steht Tranströmer in einer Reihe mit Günter Grass und Thomas Mann.

Monica Bladh-Tranströmer, Ehefrau des schwedischen Lyrikers, bezeichnete die Auszeichnung „als Riesenüberraschung“. In einem Telefoninterview mit dem TV-Sender SVT sagte sie für ihren 80-jährigen Mann, der nach Schlaganfällen sein Sprachvermögen weitgehend verloren hat: „Tomas ist unglaublich froh, aber auch überwältigt“.

Er sei auch „unglaublich überrascht“ und habe mit dem Nobelpreis schon seit Mitte der 90er Jahre nicht mehr gerechnet: „Wir dachten, dass es eigentlich viel zu kompliziert mit der Vergabe an einen schwedischen Autoren sein würde.“ Monica Bladh-Tranströmer arbeitet seit Beginn der schweren Behinderung ihres Mannes nach mehreren Schlaganfälle mit ihm zusammen an Gedichten. Sie beantwortet auch Interviewfragen für ihn. „Tomas sitzt jetzt in seinem Sessel und atmet erst mal durch“, sagte sie. Neben seiner Karriere als Dichter arbeitete Tranströmer jahrelang als Psychologe unter anderem im Jugendstrafvollzug.

Auch der schwedische Verleger Peter Luthersson hatte nicht mit der Vergabe des Preises an einen Schweden nicht gerechnet. Für ihn sei sie „total überraschend“. Luthersson sagte: „Es galt hier in Stockholm als völlig klar, dass der Preis nie an einen heimischen Autor gehen würde. Das hat nichts damit zu tun, dass Tranströmer ein unglaublich guter Poet ist.“ Luthersson verwies auf die letzte Vergabe des Literaturnobelpreises 1974 an schwedische Preisträger: Die allgemein harte Kritik an der Entscheidung für Eyvind Johnson und Harry Martinson habe sich Letzterer so zu Herzen genommen, dass er sich 1976 umgebracht habe. Johnson starb zwei Jahre später.

Tranströmer ist seit 1901 der achte Schwede, dem der begehrteste Literaturpreis der Welt zuerkannt wurde.

Reich-Ranicki: "Ich habe keine Ahnung, wer der Lyriker ist"

Tranströmers Werke wurden in mehr als 60 Sprachen übersetzt, auf deutsch sind 13 Gedichtbände von ihm erschienen. In Deutschland sind seine Bücher im Münchner Hanser Verlag erschienen, darunter das lyrische Gesamtwerk. Eine Sprecherin sagte, man freue sich „über alle Maßen“. Unverständnis über die Entscheidung äußerte dagegen der Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki.

Er könne sich nicht erinnern, den Namen Tomas Tranströmer schon mal gehört zu haben. „Ich habe keine Ahnung, wer der Lyriker ist“, sagte Deutschlands „Literaturpapst“ am Donnerstag in einer ersten Reaktion. Auf die Frage, ob er Verständnis für die Vergabe des weltweit wichtigsten Literaturpreises an den 80-jährigen Schweden habe, meinte der 91 Jahre alte Reich-Ranicki: „Ich glaube nicht.“ Reich-Ranickis langjähriger Wunschkandidat für den Nobelpreis, der US-Autor Philip Roth, ging auch dieses Mal wieder leer aus.

Die renommierte Auszeichnung ist ebenso wie die übrigen Preise mit zehn Millionen schwedischen Kronen (knapp 1,1 Millionen Euro) dotiert. Am Montag, Dienstag und Mittwoch waren bereits die Träger der Nobelpreise für Medizin, Physik und Chemie bekanntgegeben worden. Mit dieser Entscheidung gehen einige leer aus, die sich zuletzt Hoffnungen machen durften: Die Wettlisten der britischen Buchmacher führten zuletzt die US-Rocklegende Bob Dylan an, als weiterer Favorit galt der libanesisch-syrische Lyriker Adonis.

Die mit besonderer Spannung erwartete Bekanntgabe des diesjährigen Friedensnobelpreisträgers findet am Freitag in Oslo statt, am Montag folgt der Preis für Wirtschaftswissenschaften.

Der Nobelpreis für Literatur wird seit 1901 fast jährlich vergeben. Zwei Autoren lehnten ihn ab. 1958 musste der sowjetische Autor Boris Pasternak den Preis auf Druck seiner Regierung zurückweisen. Der Franzose Jean-Paul Sartre weigerte sich 1964, die Auszeichnung anzunehmen. (mit dpa, dapd,AFP)

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