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Kultur: Ein Festival der Liebe

THEATER In einem schemenhaft dargestellten Park sitzt der Schuhverkäufer Heinrich Blaubart auf einer Bank. Er fixiert die Schuhe der neben ihm sitzenden blinden Frau, die von ihm wissen möchte, ob er jemanden sucht.

THEATER

In einem schemenhaft dargestellten Park sitzt der Schuhverkäufer Heinrich Blaubart auf einer Bank. Er fixiert die Schuhe der neben ihm sitzenden blinden Frau, die von ihm wissen möchte, ob er jemanden sucht. Aber Heinrich sucht niemanden, er wird gesucht, weil er der Mörder von sechs Frauen ist. Dann wird es dunkel im Raum. Anschließend wiederholt sich die Szene mehrmals. Nur die Betonung der Wörter, die Gesten, die Art und Weise der Schuhbegutachtung variieren leicht, weil Heinrich jedes Mal von einem anderen Darsteller gespielt wird, der seinem Vorgänger täuschend ähnelt. Er ist eigenschaftslos, leer und austauschbar. Im Stück „Blaubart – Hoffnung der Frauen" von Dea Loher, das Elke Petri mit Studenten des Instituts für Schauspiel inszeniert hat (im Tiyatrom, Alte Jakobstr. 12, Mitte, noch einmal Mo, 20 Uhr), zeigt sich, wie verhängnisvoll es sein kann, keine Vorlieben und Bedürfnisse zu haben. Heinrich trifft sechs Frauen, die ihn lieben, weil er die ideale Projektionsfläche ist. Die Sehnsüchte der Frauen überfordern ihn, der „doch lieber nicht möchte", so sehr, dass er sie erdrosselt, erschießt, erstickt – und von sich selbst erlöst. Heinrich, der doch eigentlich einzige Utopist der Liebe, hängt sein Herz am Ende an die Blinde, die endlich nichts „will", weil sie ihn nicht sehen kann. Sie tötet ihn, um ihn von der Liebe zu befreien. Die Schauspielerinnen geben sich alle Mühe, die Skurrilität ihrer Figuren auszureizen, doch leider läuft der blutige Reigen im Vorhersehbaren leer. Daran ändern auch die spukhaften Regieeinfälle von Fabeltieren und Frauengeistern nichts. Anna Schmitz-Avila

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