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Kultur: Ein Niederländer in den Alpen

KLASSIK

Für seine Schülerin Babette Ployer hat Mozart das Klavierkonzert G-Dur KV 453 geschrieben, und die Vorstellung liegt nahe, dass sie sich der Uraufführung 1784 in Döbling bei Wien mit Stolz und Eifer angenommen hat. Ob sie aufgeregt war? Radu Lupu, Solist der Berliner Philharmoniker mit demselben Stück, ist es jedenfalls nicht. Der in aller Welt gefragte Pianist scheint den Virtuosen in sich derzeit abgelegt zu haben, um eine werktreue Atmosphäre behaglicher Hausmusik in die weite Philharmonie zu tragen. Er riskiert damit aber die interpretatorische Überlegenheit des begleitenden Orchesters, zumal seiner hervorragenden Holzbläser, die unter Bernard Haitink l uziden Mozart spielen. Der moderne Konzertsaal ist für die Entspanntheit quasi privaten Musizierens nicht gedacht. Lupu nimmt eher für sich ein, wenn aus seiner pianistischen Träumerei die musikantische Natur hervorbricht, und dies gerade im Andante. Zu Recht schätzen ihn die Philharmoniker, weil er, auf sie hörend, mit ihnen Kammermusik macht. Windmaschine, Donnerblech – was mag Bernard Haitink, den empfindsamen Mahler- und Brahms-Dirigenten, an der hypertrophen „Alpensinfonie“ von Richard Strauss reizen? Das Riesenorchester, die Herdenglocken? Anders als der Magier Karajan, dem die tönende Bergwelt das Erhabene im Straussischen Sinn – „Musik ist heilige Kunst“ – bedeutet hat, bleibt Haitink beim reinen Notenbild. Er blättert in der Partitur und verweist weniger auf ihr Programm als auf ihre formalen Künste. Der Niederländer im Hochgebirge. Und seine ehrliche Interpretation steht dafür ein, dass sich die Nebelschleier des unbeirrt romantischen Werkes lichten.

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