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Der russische Klaviervirtuose Arcadi Volodos, 44.

© Marco Borggreve/Promo

Im Konzert: Arcadi Volodos: Ein scheues Tier, diese Musik

Der Pianist und Klangmagier Arcadi Volodos verzaubert das Publikum im Berliner Konzerthaus - mit Schumann, Schubert und Brahms.

Schubert total, der sonntägliche Marathon im Konzerthaus (mit insgesamt rund 5000 Besuchern) strebt mit dem Pianisten Arcadi Volodos zur Primetime dem Höhepunkt entgegen. Nach Kammer-, Familien-, Dunkel- und 360-Grad-Konzerten nun also das Recital des russischen Virtuosen mit dem verwegen weichen, schwerelosen Anschlag. Schuberts große A-Dur-Sonate D 959, zuvor Schumanns frühen „Papillons“-Zyklus und Brahms’ Klavierstücke op. 76 verwandelt er in somnambulen Klangzauber, einen schier unendlichen flow of consciousness.

Volodos, der 2014/15 als Artist in Residence im Konzerthaus gastierte, wendet sich gerne mal ab vom Flügel, lehnt sich zurück (und auch an, er sitzt auf einem Stuhl mit Lehne), ganz so, als spiele er nicht, sondern höre bloß, was ohnehin den Raum erfüllt. Wolkengebilde, Traumgespinste: Volodos interpretiert die Musik weniger, als dass er sie aufspürt. Sie ist ein scheues Tier, dem man sich nur behutsam nähern kann. Nicht dass der 44-Jährige nicht zupacken könnte. Aber selbst bei den Ekstasen im Prestissimo-Teil der „Papillons“ oder bei einer der Zugaben, der feurigen „Malagueña“ des Kubaners Lecuona, bleibt ihm die Attitüde des Tastenlöwen fremd.

Volodos huldigt der Melancholie, er ist eine Leisespieler

Das Publikum im abgedunkelten Saal zieht er vor allem in den Momenten des Zögerns in Bann, den jeden Schlusspunkt scheuenden Finaltakten bei Schumann, dem hingetupften h-Moll-Capriccio von Brahms, mit fein gravierten Melodien und einer Kunst des Leisespielens bei großzügigem Pedalgebrauch, ohne dass je eine Kontur verwischte. Schuberts himmlisches Andantino erklärt er gar zum Schatten seiner selbst, zur Meditation über die Stille, erst recht nach dem jegliche Form sprengenden Mittelteil. Die ganze Welt ein Impromptu, eine Elegie.

Arcadi Volodos ist ein Melancholiker, ein Entrückter. Seine Musik weiß um ihre Sterblichkeit. Vielleicht spielt er deshalb gerne viele Zugaben, auch das verzögert ja den Schluss. An diesem Abend sind’s vier: Schuberts cis-Moll-Menuett D. 600, ein Stück des von ihm so geliebten katalanischen Impressionisten Mompou, besagte Malagueña“ und einige Takte Rachmaninow, die der Pianist seinem verstorbenen ungarischen Kollegen Zoltán Kocsis widmet.

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