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Kultur: Eine Einführung in das Werk des Filmemachers, Schriftstellers, Philosophen und Journalisten

Auf dem Klappentext des Büchleins ist zu lesen, das Phänomen Alexander Kluge (geboren 1932) sei "einmalig in Europa". Denn: "Wer ist schon zugleich Filmemacher und Schriftsteller, Philosoph und Fernsehjournalist?

Auf dem Klappentext des Büchleins ist zu lesen, das Phänomen Alexander Kluge (geboren 1932) sei "einmalig in Europa". Denn: "Wer ist schon zugleich Filmemacher und Schriftsteller, Philosoph und Fernsehjournalist?" Auch wenn Kluges Fernseharbeit weniger eine journalistische ist als eine Fortsetzung seiner Filmproduktionen mit den Mitteln des Fernsehens, kennzeichnet der Satz die singuläre Stellung dieses Autors in der bundesdeutschen Kulturgeschichte. Die Filmgeschichte der 60er, 70er Jahre hätte ohne Kluge anders ausgesehen; kein anderer hat sich so zäh und innovativ für die Erneuerung des deutschen Films eingesetzt - medienpolitisch wie ästhetisch. Seinen zahlreichen Filmen ("Abschied von gestern"),erzählerischen Werken, Biographien, den mit Oskar Negt geschriebenen Theoriewälzern, schließlich den seit gut zehn Jahren auf RTL und Sat 1 ausgestrahlten Kulturmagazinen - alledem wird gern der Charakter des Unverständlichen attestiert. Sie verstoßen gegen herkömmliche Herstellungsideale wie Spannungsdramaturgie und lineare Erzählweise, sie brüskieren Erwartungen von Lesern und Zuschauern.

In seiner Einführung zeigt Rainer Stollmann, daß eben dadurch die Rezipienten ernstgenommen werden: Sie bekommen den Sinn von Kluges montageförmigen Arbeiten nicht vorbuchstabiert, sondern gehen selbst phantasievoll-assoziativ mit den reichhaltigen Materialien verschiedenster Bild-, Text- und Musiktraditionen um. Der Autor führt Kluges Textstrategien exemplarisch vor, hebt insbesondere die Inszenierung des Komischen heraus. Vor allem ist es sein Verdienst, Kluges Form des Fragments, seiner den Rohstoffen der Erfahrung vertrauenden work in progress einen übesichtlichen Weg gebahnt zu haben. Er erläutert nicht nur den theoretischen Zusammenhang, sondern macht ebenso plausibel, daß man sich auf diese zunächst sperrigen Formen einlassen muß, um zu bemerken, wie intensiv sie mit der eigenen Erfahrung korrespondieren. Oder, mit Kluge: "Mehr als die Chance, sich selbständig zu verhalten, gibt kein Buch."Rainer Stollmann: Alexander Kluge zur Einführung. Junius 1998. 163 S. , 19, 80 DM.

Christian Schulte

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