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Kultur: „Eine wie Rocky“ Glanz und „Gloria“:

Wie Paulina García und Regisseur Sebastián Lelio ihren Film präsentieren.

Okay, es gibt investigativer verlaufende Pressekonferenzen, auf denen die da oben auf dem Podium heftig ausgefragt oder gar massiv konfrontiert werden. Und es gibt die – auf Filmfestivals häufiger anzutreffende Variante – der Huldigungs-PK. Gerade hat man die frisch erkorenen Lieblinge auf der Leinwand gesehen, da ist man ganz gespannt aufs Hier und Jetzt. Und will sie gleich nochmal, in echt und in 3-D.

Eindeutig zur Begegnung der zweiten Art gehört die Pressekonferenz zum gloriosen Sonntagmorgenfilm „Gloria“, der dem Wettbewerb einen zwar bedenklich späten, doch umso schöneren ersten Höhepunkt beschert. Da ist etwa die Journalistin aus Montreal, die sich vor ihrer Frage – welcher Frage? – zunächst wortreich in ein leidenschaftliches Allgemeinbekenntnis zum Film hineinstammelt, um alsbald erlöst auszurufen: „Ich liebe Gloria!“

Paulina García, in feurig rotschwarzem Kostüm und abwechslungshalber mit pechschwarzem statt leinwandbraunem Haar in die reale Welt hinabgestiegen, nimmt derlei Hymnen strahlend lächelnd auf. Bereits mit heftigem Applaus begrüßt, berichtet die 52-jährige Chilenin von den „intensiven, ja, fordernden Proben“ und von ihrer Erkennnis, Gloria mache „eine Reise zu sich selbst“. Und dabei öffne sie sich gerade so wie, in einem momento luminoso des Films, der weiße Pfau.

Sebastián Lelio, der 38-jährige chilenische Regisseur, schaut ein bisschen skeptisch, wenn seine Hauptdarstellerin fast wie ein Fan über Gloria ins Schwärmen gerät – aber wer ist hier und heute, bitte schön, nicht verliebt in Gloria? Nach der Inspiration für seinen vierten Spielfilm gefragt, sagt Lelio: „Das Leben selbst“. Und: „Meine Mutter und ihre Freundinnen – und wie diese Generation fühlt.“ Und vor allem ist da der Bossa Nova „Aguas de Março“ von Antonio Carlos Jobim, der im Film gesungen wird. „Der gibt den Ton vor, die zart schmerzhafte Balance zwischen Leicht und Schwer.“

In Santiago, sagt Lelio, finden sich überall Discos für ältere Singles wie das Tanzlokal, das Gloria regelmäßig besucht. Wie es überhaupt viele einsame ältere Liebessuchende gibt im sich „schwindelerregend schnell verändernden Chile“. Gloria sei „eine wie Rocky“, sagt Lelio. „Sie wird umgehauen und steht wieder auf.“ Und so kritisch er über die „von Jugend besessene Gesellschaft“ denkt, so entschieden plädiert er für das Recht der Generation 50plus auf Glück, wie es sich auch im Tanz äußern kann. „Die Welt ist voller Glorias“ – voller geschiedener, reiferer Mütter, die aufs Leben und aufs Lieben nicht verzichten wollen. Ganz uninvestigative Anmerkung: Was im Film wunderbar zu beweisen war. Jan Schulz-Ojala

Der Bossa Nova steht für die zarte Balance zwischen Leicht und Schwer, sagt Lelio

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