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Elbtal-Debatte: "Eine Schande"

Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse warnt vor Aberkennung des Welterbetitels für Elbtal. Auch Sachsens Wirtschaftsminister geht inzwischen auf Distanz zum Bau der Waldschlößchenbrücke.

Dresden - Nach dem Welterbe-Entscheid der Unesco geht Sachsens Wirtschaftsminister Thomas Jurk (SPD) zum Bau der Waldschlößchenbrücke zumindest in der bisher geplanten Version auf Distanz. "Die Dresdner sind gut beraten, nach einer Lösung zu suchen, beides unter einen Hut zu bringen. Köln hat gezeigt, dass es geht", sagte Jurk. Zuvor hatte Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD) den Dresdnern vorgeschlagen, eine kleinere Brücke zu bauen oder eine andere Verkehrslösung zu finden.

In Köln waren Pläne zum Bau von Hochhäusern reduziert worden, nachdem der Dom auf die Rote Liste gefährdeter Welterbestätten verbannt worden war. Am Dienstag hatte die Unesco das Dresdner Elbtal auf diese Liste gesetzt. Aus Sicht der Organisation der Vereinten Nationen für Bildung, Wissenschaft, Kultur und Kommunikation würde die geplante Waldschlößchenbrücke einen "irreversiblen Schaden" für die Kulturlandschaft bedeuten.

Daraufhin sprach sich unter anderem Thierse gegen die geplante Elbquerung aus. "Es wäre eine Schande, wenn dieses wunderbare Dresden weltweit dadurch bekannt würde, dass es von der Erbeliste genommen würde", sagte er. Die Dresdner müssten sich nun entscheiden: "Ihre Stadt ist nicht durch Verkehr berühmt, sondern durch die Elblandschaft und das wunderbare Stadtbild. Beides müssen die Dresdner sich, Deutschland und der Welt unbedingt erhalten." Sowohl das Land Sachsen als auch ganz Deutschland seien gefragt, helfend einzugreifen. So könnte sich der Bund an einem Gespräch mit Stadt und Land über eine andere Verkehrslösung beteiligen.

Notwendigkeit des Brückenbaus wird in Frage gestellt

Auf der Unesco-Liste des Welterbes zu stehen, bedeutet nach Ansicht von Jurk, "Zeugnis vergangener Kulturen und einzigartiger Naturlandschaften zu sein, deren Untergang ein unersetzlicher Verlust für die gesamte Menschheit wäre". Dies heiße "aber nicht, dass die Region in eine Museumsstarre verfallen muss". Dresden sei eine lebendige Stadt, in der neben Kunst und Kultur Wirtschaft und Wissenschaft eine große Rolle spielten und die darum auch eine leistungsfähige Verkehrsinfrastruktur brauche.

Der Präsident der Architektenkammer Sachsen, Volker Benedix, stellte unterdessen die Notwendigkeit des Brückenbaus infrage. "Man braucht diese Brücke nicht mehr", sagte er. Es gebe inzwischen zudem "für eine neue Elbbrücke ganz andere Möglichkeiten, die dem Zeitgeist, dem jetzigen Wissensstand der Ingenieurbaukunst und dem Können der Architekten entsprechen". Das jetzige Modell wirke überholt. Die geplante Lösung sei "sehr derb, nicht sensibel genug, nicht feinfühlig, nicht feingliedrig".

Der sächsische Landtag wird sich am kommenden Mittwoch auf Antrag der Grünen mit dem Thema befassen. Die Dresdner hatten sich im Februar 2005 in einem Bürgerentscheid für den jahrelang umstrittenen Bau der Waldschlößchenbrücke entschieden. (tso/ddp)

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