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Der französische Intellektuelle Bernard-Henri Lévy fordert ein militärisches Eingreifen in Syrien.

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Vorstoß für Militäreinsatz in Syrien: Empört euch! Frankreichs Intellektuelle und die Politik

Der Vorstoß aus Frankreich kam überraschend. Staatspräsident François Hollande erwägt einen Militäreinsatz gegen Syrien. Die Idee dazu geht auf einen Appell des Philosophen Bernard-Henri Lévy zurück. Welchen Einfluss haben Intellektuelle auf die französische Politik?

Und wieder will er in die Weltgeschichte eingreifen. Der französische Philosoph Bernard-Henri Lévy war ein wichtiger Urheber des Nato-Einsatzes in Libyen, nun ruft er Frankreichs Präsidenten François Hollande dazu auf, statt Gehälterkürzungen von Ministern zu verkünden wahrhaft Großes zu vollbringen und eine Allianz zum militärischen Eingreifen in Syrien zu schmieden. Das Phänomen Lévy ist viel analysiert und belächelt worden: Eitel und geltungssüchtig sei er, mehr medienwirksamer Netzwerker denn Philosoph. Aber der Mann mit den offenen weißen Hemden als Markenzeichen steht auch in einer langen Tradition der Einmischung französischer Intellektueller in die Politik.

Nicht erst seit Sartre. Sie weist Ermüdungserscheinungen auf, aber sie ist noch immer stärker als in Deutschland.

Zu Beginn des intellektuellen Aufbäumens gegen die Staatsraison stand die Affaire Dreyfus, benannt nach jenem jüdischen Hauptmann, der 1894 zu Unrecht wegen Spionage für Deutschland verurteilt wurde. Unter Berufung auf die Ideale der Französischen Revolution folgten die Résistance und der Kampf in den internationalen Brigaden im spanischen Bürgerkrieg als identitätsstiftende Etappen von Intellektuellen à la Lévy. Dieser hat keine Angst vor Pathos – passend zu einer Republik, die sich monarchisch gebärdet und dabei ständig Angst um ihr Triple-A haben muss. „Ich glaube, dass wir alle klein sind. Aber es gibt Momente im Leben eines Menschen oder eines Volkes, in denen man wächst“, sagte Lévy beim Filmfest in Cannes, auf dem er seine Libyen-Dokumentation „Der Eid von Toubrouk“ vorstellte. Sie rückt auch ihn ins rechte Licht.

Momentweise knüpft Frankreich gern an seine alte Größe an. In Nicolas Sarkozy fand Lévy anfangs den passenden Präsidenten, impulsiv und immer am Rande des Zumutbaren mit Grandezza flirtend. Hollande ist anders gestrickt – aber auch er steht in der Tradition des Zusammenspiels von Intellektuellen und Politik. In Deutschland ist die Staatsferne der Kunst und Kultur ein hohes moralisches Gebot. Auch in Frankreich sind die Zeiten eines André Malraux vorbei, der Schriftsteller und gaullistischer Politiker sowie Minister war. Aber noch immer bestimmt der Präsident, welche Dichter und Denker in der nationalen Ruhmeshalle, dem Pariser Panthéon, beigesetzt werden: ein Zeremoniell mystischer Erhöhung großer Geister und wichtiger Bestandteil der Kulturpolitik. Dafür helfen Leute wie Lévy zu Lebzeiten, dass Frankreich manchmal über sich hinauswächst.

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