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Kultur: Endstation Elsastraße

Frederik Hanssen über die jüngste Wendung im Berliner Operndrama In einer der schönsten Berliner Wohngegenden, in Friedenau, liegt das WagnerViertel: Hier erinnert die Kundrystraße an „Parsifal“, die Albestraße an die Zwerge aus dem „Ring“, die Elsastraße steht im rechten Winkel zur Ortrudstraße, passend zum Verhältnis der Frauen aus „Lohengrin“, und auch Isoldes Name fehlt nicht. Mitten durch dieses Musik-Karree aber schneidet – die Sarrazinstraße.

Frederik Hanssen über die jüngste Wendung im Berliner Operndrama

In einer der schönsten Berliner Wohngegenden, in Friedenau, liegt das WagnerViertel: Hier erinnert die Kundrystraße an „Parsifal“, die Albestraße an die Zwerge aus dem „Ring“, die Elsastraße steht im rechten Winkel zur Ortrudstraße, passend zum Verhältnis der Frauen aus „Lohengrin“, und auch Isoldes Name fehlt nicht. Mitten durch dieses Musik-Karree aber schneidet – die Sarrazinstraße. Ein Sinnbild für die Konfliktkonstellation in der hauptstädtischen Opernszene.

Wenn sich in Barockopern der Handlungsknoten ähnlich festgezurrt hat wie im Endlosstreit um die Musiktheater-Stiftung, taucht für gewöhnlich ein deus ex machina auf. Bei der jüngsten Sparklausur haben die Berliner Senatoren (von denen die wenigsten den Unterschied zwischen barocker Dramaturgie und Wagners Theatertheorie kennen dürften) die Rolle der erlösenden Göttin mit Christina Weiss besetzt. Ob die Kulturstaatsministerin, so sehr sie auch willens ist, letztlich auch in der Lage sein wird, im rechten Moment mit dem rechten Ton einzusetzen, weiß jedoch niemand. Kann die Politikerin aufs Stichwort keinen reitenden Boten mit 33 Millionen Euro losschicken, werden nach den Berliner Plänen Deutsche Oper und Staatsoper fusioniert, ihre Zuschüsse von derzeit 82 Millionen Euro auf 49 Millionen Euro zusammengestrichen. Dann müssen die Berliner künftig wohl auf jene Werke verzichten, die ihnen am liebsten sind. Eine Doppeloper mit zwei Spielstätten kann vielleicht noch Mozart und Händel spielen, aber wohl kaum die Großwerke Wagners.

Die entscheidende Frage lautet also: Wird sich der Kanzler auf die Berliner Erpressungstaktik einlassen und noch einmal ein Machtwort sprechen, so wie damals bei der Gehaltserhöhung für Barenboims Staatskapelle? Oder lässt die Bundes-SPD ihre Parteifreunde hängen? Dann bleibt dem tapferen Kultursenator Flierl der Ehrenplatz in den Annalen Berlins verwehrt. Thilo Sarrazin dagegen kann sich entspannt zurücklehnen. Er hat seine Straße ja schon.

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