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Shoot-out in der Mark Brandenburg. Til Schweiger als Bodyguard. Foto: Warner Bros.

© dpa

Kultur: Er schießt und schießt und schießt

Im Kino: Til Schweigers Thriller „Schutzengel“.

Das Ende erinnert an den Anfang von „Inglourious Basterds“. Ein Haus auf dem Land, idyllisch zwischen Feldern und Wäldern gelegen, als Festung gegen das Böse. Bei Quentin Tarantino nähert sich das Böse zeitlupenhaft langsam in Form einer SS-Wagenkolonne. In Til Schweigers neuem Film „Schutzengel“ sind es Söldner mit finsteren Gesichtern und schweren Waffen, die in die ländliche Lieblichkeit einbrechen. Es folgt ein Shoot-out wie im Western, nur dass er nicht im Westen, sondern tief im deutschen Osten, irgendwo im Brandenburgischen, stattfindet, wo Lamas gezüchtet werden, nicht Pferde. Til Schweiger ist der Held, der seine Anvertrauten bis zur letzten Patrone schützen wird. Die Söldner zerlegen das Holzhaus mit ihren Maschinengewehrsalven buchstäblich in seine Einzelteile, und Schweiger harrt aus in den Trümmern und Explosionen, beißt die Zähne zusammen, und schießt und schießt und schießt.

Es kracht minutenlang aus allen Rohren, metallisch klackern die leer geschossenen Patronen auf dem Boden, dann wird das infernalische Gelärme ausgeblendet, und Schweigers Stimme erzählt im Off zu den nun stummen Kampfszenen vom Sterben: „Das Leben rauscht in schnellen Bildern an dir vorbei und du hast eigentlich schon aufgegeben. Und plötzlich sagt eine Stimme in dir: Nein, ich will nicht sterben, heute noch nicht.“ Til Schweiger hat den Jo Zenker in der „Lindenstraße“ gespielt, einen angelsächsischen Stammesführer in „King Arthur“ und in „Inglourious Basterds“ einen jüdischen Partisanen, der sich an den Nazis rächt. Als Regisseur war er mit romantischen Komödien erfolgreich, seine Filme „Keinohrhasen“, „Zweiohrküken“ und „Kokowääh“ fanden mehr als 14 Millionen Zuschauer. Nun hat er mit „Schutzengel“ einen richtig harten Thriller drehen wollen und dabei wieder, wie schon bei den Komödien, Regie, Drehbuch, Produktion und eine Hauptrolle übernommen.

Er spielt einen ehemaligen KSK-Soldaten, der traumatisiert aus dem Afghanistan-Krieg zurückgekehrt ist und nun als Personenschützer bei der Berliner Polizei arbeitet. Er soll auf ein Mädchen aufpassen, das von Schweigers 15-jähriger Tochter Luna dargestellt wird. Sie ist zufällig Zeugin eines Mordes geworden, und weil der Mörder ein mächtiger Waffenhändler ist und die Berliner Staatsanwaltschaft korrupt, sind die Zeugin und der Bodyguard fortan auf der Flucht, verfolgt von den Schergen des Waffenhändlers und den Sondereinsatzkommandos der Polizei.

Den Waffenhändler verkörpert Heiner Lauterbach mit dem Sorgenfaltenantlitz eines überarbeiteten Todesengels. Wie böse dieser Profiteur des Sterbens sein muss, zeigt schon die Konstruktionszeichnung eines Panzers auf dem aufgeklappten Laptop in seiner Hotelsuite. Und Herbert Knaup liefert als Polizeichef, der Zuflucht im Alkohol sucht, eine weitere Variante jener fahrigen Borderliner, die bereits die Freak-Kabinette des deutschen Fernsehkrimis bevölkern. Der Flachmann, der in seinem Mantel griffbereit über dem Herzen steckt, rettet ihm während eines Schusswechsels das Leben.

Es gibt einige schön choreografierte Actionszenen in diesem deutschen Thriller, der sich anstrengt, möglichst amerikanisch auszusehen, und einen grandios kauzigen Moritz Bleibtreu, der als rollstuhlfahrender Afghanistan-Veteran Behindertenwitze macht. Was stört, ist das Pathos. Wie sich das anfühle, im Krieg zu sein, fragt das Mädchen, und die Antworten ihres „Schutzengels“ handeln von Tod, Angst, Wut und dem Gefühl ultimativer, gottverlassener Einsamkeit. Über Plattitüden kommen sie nicht heraus. Aber der Krieger quatscht und quatscht. Schweiger kann einfach nicht schweigen, zum echten Loner fehlt ihm die Lakonie. Christian Schröder

In 19 Berliner Kinos

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