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Museen schlagen Bundeslige. Monika Grütters spricht von viermal so viel Besuchern in Museen wie in Fußballstadien.

© Jens Wolf/dpa

Akademie der Künste Berlin: Erlebnisse im Zwischenraum

Kulturstaatsministerin Monika Grütters und Museumschef Stefan Kraus: Ein Dialog in der Akademie der Künste über die Zukunft der Museen.

Es hätte ein kontroverses, ein aufregendes Gespräch „über die Zukunft der Museen“ werden können mit der Kulturstaatsministerin und einem höchst eigenwilligen Museumsdirektor auf dem Podium. Das Auditorium der Akademie der Künste am Pariser Platz war entsprechend gut gefüllt. Den Moment wollten viele erleben, in dem die Politik in Gestalt von Monika Grütters und ein unkonventionelles Museumskonzept, repräsentiert durch Stefan Kraus, den Leiter vom Kolumba Kunstmuseum des Erzbistums Köln, zueinander finden und womöglich eine neue Vision entwickeln.

Doch leider weit gefehlt. Der „Akademie-Dialog“, der zweite in einer neuen Veranstaltungsreihe nach dem Auftakt mit dem Historiker Wolfgang Benz, hatte etwas Pappiges an sich, staatstragend, einander vorsichtig umkreisend, jeder gab seine eingehegten Statements von sich. Nur selten gelang es Akademiepräsidentin Jeanine Meerapfel als Moderatorin ins Gespräch hineinzu- führen, zu erratisch kamen ihre Fragen mal zur Provenienzforschung, mal zur Rückführung indigener Artefakte in ihre Ursprungsländer. Dabei ist es ein großes Verdienst der Akademie, einen solchen Moment des Innehaltens und Nachfragens anzusetzen, während rundum neue Museen aus dem Boden sprießen: Das Humboldt-Forum soll 2019 eröffnen, das Museum der 20. Jahrhunderts am Kulturforum geht mit dem Entwurf von Herzog & de Meuron in die nächste Phase. Von Stefan Kraus, der 2016 zum zehnjährigen Bestehen seines von Peter Zumthor erbauten Hauses eine viel beachtete Streitschrift schrieb, hätte man gerne gewusst, wie er all die Gründerlust sieht, die entstehenden Privatmuseen.

Das Museum Kolumba kennt keine Wandtexte, keinen Beschriftungen

Monika Grütters spielte verständlicherweise die Karte der Populistin („Deutschland hat 6700 Museen und 114,5 Millionen Besucher – vier Mal so viele wie Bundesliga-Spiele!“), Stefan Kraus hakte bei der Vermittlung ein, die sehr viel früher, schon im Kindergarten, beginnen müsse. Sein Museum kennt keine Wandtexte, keine Beschriftungen, der Besucher bekommt nur ein Begleitheft an die Hand. Kraus’ Credo lautet: ästhetisch mit der Kunst verfahren, damit sich ein „Zwischenraum“ eröffnet und dem Betrachter Erfahrungen ermöglicht werden. Dieses exklusive Erlebnis kann es in den großen Museumsmaschinen jedoch kaum geben. Hier redeten eine Macherin und ein Ästhet aneinander vorbei.

Das Hohelied der Interdisziplinarität allerdings sangen sie gemeinsam, auch wenn Kraus hier schon wieder eine rückläufige Tendenz befürchtet. Alfred Barr, der Gründer des Guggenheim in New York, habe vom Automobil bis zum Gemälde alles gezeigt, nicht zur Illustrierung, sondern als gegenseitige Ergänzung, begeisterte sich der Kölner Museumsmann für den Pionier. Monika Grütters brachte dann einen ganz anderen Fall von Gleichberechtigung ins Spiel: Nachdem die Provenienzforschung in den letzten Jahren Gemälden und Kunstobjekten ihre Aufmerksamkeit geschenkt hatte, rücken plötzlich die Autos jüdischer Vorbesitzer in den Blick. Sie befinden sich bislang unbehelligt in privaten wie öffentlichen Sammlungen. Für den seltsamen Clown mit Perücke und roter Nase in der zweiten Reihe ein Grund, wieder mal laut zu schnalzen. Nicola Kuhn

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