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Anke Engelke moderierte zum siebten Mal die Gala.

© dpa

Eröffnung der Berlinale: Mit Späßchen, Ernst und nackten Brüsten am roten Teppich

Ein Kung-Fu-Drama voller Poesie, Melancholie und Pathos - mit Wong Kar Wais furiosem Film „The Grandmaster“ startete die 63. Berlinale. Auf dem roten Teppich zeigte sich viel Prominenz. Und einen Eklat gab es auch.

Also was war das nun für eine Sprache in dem kurzen Geplauder zwischen Festivalchef Dieter Kosslick und Ulrich Tukur, nach dem Auftritt des singenden Schauspielers mit seinen Rhythmus Boys? Schwäbisch, wie Anke Engelke gehört haben will? Englisch, wie Kosslick behauptete? Etwas dazwischen, Schwänglisch womöglich? Weiß man beim Dieter nie so genau.

Aber gottlob, es blieb bei der kurzen Irritation, jede Sorge, jetzt sei der Moment für die Schwabenwitze gekommen, der Anspielungen auf die sogar international bekannte Fingerhakelei im Berliner Kiez, zerstob umgehend ins Nichts. Tukur weg, Schwäbelei weg. Bis auf das Nachklingen in Kosslicks Zungenschlag, aber das sind wir gewohnt.

Sie haben also wieder begonnen, die elf Tage, in denen Film und Kino das Leben in der Stadt dominieren, mit Wong Kar Wais Film „The Grandmaster“, und man kann sagen: Sie haben überaus zufriedenstellend begonnen. Doch, Anke, wieder jut jemacht. Genau die richtige Dosis Witz und Spöttelei, sodass selbst das Herunterbeten der Danksagung an die Sponsoren unterhaltsam wurde. Wie die Berlinale ohne sie wäre? Für die Moderatorin ein klarer Fall: „Wie meine Abi-Feier.“ Und der Hinweis auf die vielen Gäste aus China, die in den Westen rübergemacht seien, obwohl ihre Mauer doch noch stehe – eine amüsante Anspielung aufs Historische, kein Witz, der alle gleich losbrüllen lässt, eher beiläufig, elegant trotz der gepflegten Schnodderigkeit der moderierenden Komödiantin.

Ohnehin war der Spaßfaktor der Veranstaltung am Donnerstagabend zur Eröffnung der 63. Berlinale überraschend wohldosiert, da hat man schon anderes erleben müssen. Das lag vielleicht auch an dem Ton, den Kulturstaatsminister Bernd Neumann und der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit in ihren Begrüßungsreden anschlugen. Kein sich selbst auf die Schultern Klopfen für die hervorragende Filmförderung, vielmehr Mahnendes mit einem Blick weit über den Tellerrand hinaus.

Die Berlinale habe seit Jahren einen politischen Anspruch, zusammenzufassen in dem Motto „Es lebe der Unterschied“, sagte Neumann. Das Gegenteil erlebe man in Mali und Syrien, teilweise auch in osteuropäischen Staaten. Er zog auch die Linie zu Hitlers Machtübernahme vor 80 Jahren, hob die Leistung von Claude Lanzmann hervor, dessen Filmwerk „einer der Meilensteine der Erinnerungskultur“ sei. Und er appellierte an die iranische Regierung, dem zu sechs Jahren Haft und 20 Jahren Berufsverbot verurteilten Regisseur Jafar Panahi zu erlauben, die Weltpremiere seines Films „Pardé“ auf der Berlinale zu besuchen.

Auch Wowereit ging auf die politische Rolle des Festivals ein, hob dessen Auseinandersetzung mit der Globalisierung hervor. Ein leibhaftiges Beispiel dieser Globalisierung war kurz vor Eröffnung der Gala am Rande des roten Teppichs zu besichtigen gewesen. Demonstrationen aus diesem oder jenem Grund, meist lokalen Natur, hat es vor solch einer Eröffnungsgala immer wieder gegeben, jetzt wurde der Protest international. Vier Frauen, offenbar Aktivistinnen der ukrainischen Feministinnengruppe Femen, entblößten sich, um gegen weibliche Genitalverstümmelung zu demonstrieren. Ob das bei allen Zeugen der Aktion ankam, bleibt zweifelhaft: Mit einer auf den nackten Oberkörper gepinselten Parole wie „Stop – FGM ist Mord – Stop“ kann nicht jeder etwas anfangen. Es kam zu kurzem Gerangel mit Ordnern, die Polizei schritt ein und erteilte den Aktivistinnen Platzverweise.

Auch sonst bekamen die Zaungäste am Rande des Teppichs allerhand zu sehen. Natürlich Kosslicks gewohnten Berlinale-Schal, sodann die deutsche Filmprominenz, von Gwisdek bis Elsner, darunter Rosa von Praunheim, ganz auf Frühling gestimmt, in silbrigem, mit Blumen übersäten Umhang und ebensolchen Hut. Alles wie üblich. aber doch nicht ganz. Hat man schließlich nicht jeden Tag, dass Vizekanzler Philipp Rösler auf dem roten Teppich auf Jane Fonda trifft und ihr seine Frau vorstellt. Die Schauspielerin, als Botschafterin eines Berlinale-Großsponsors dabei, kam hoch elegant und mit Pelz, und ihr Anblick ließ wohl nicht nur eine Besucherin seufzen: „Da sieht man aber, dass Aerobic was bringt.“

Was halten Sie vom Protest der Femen-Frauen? Unfug oder ernst zu nehmend? Hier geht es zur Leserdebatte.

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