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Kultur: Erst schießen, dann reden

Der einsame Westerner: zum Tod von James Coburn

Ein Mann wie ein Baum. So stand er – es ist erst ein paar Jahre her, es ist wie gestern – auf der Bühne des Urania-Kinos in Wien. Nichts, so sah er aus, konnte ihm etwas anhaben, und da litt er doch schon an der schweren Arthritis, die ihm das Reiten, Rennen, Raufen nicht mehr erlaubte. Denn das war das Handwerk des messerwerfenden Cowboys unter den „Glorreichen Sieben“, wo er neben Yul Brynner, Charles Bronson, Steve McQueen, Eli Wallach und Horst Buchholz seinen ersten großen Erfolg feierte. Und das lakonisch, wie nur er sein konnte.

Erst schießen, dann – wenn es unbedingt sein muss – reden: Das war James Coburn, wettergegerbt und auf dem Pferd wie festgewachsen. So hatte er 1959 die Leinwand betreten, nein: „beritten“, müsste man sagen, als einsamer Westerner in dem Film, dessen Titel sein Image werden sollte: „Ride Lonesome“ (deutsch: „Auf eigene Faust“). Danach war er abonniert auf den Cowboy, den tough guy, den harten Knochen, das Rauhbein, auch den Gangster oder den fast schon melancholischen Sheriff, wie in Sam Peckinpahs „Pat Garrett and Billy the Kid“.

Seine Härte, sein Durchhaltevermögen, seine körperliche Präsenz haben nach ihm nur Rambo Stallone und Arnold Schwarzenegger verkörpert. Nur hatte James Coburn es nicht nötig, das Spiel seiner Muskeln zu zeigen. Er zog es vor, seine Virginia in Brand zu setzen, ein bisschen umständlich, wie es sich gehört. Und er rauchte sie, als sei sie nur für ihn gewickelt worden.

Dass sich seine Rollen immer ähnlicher wurden, machte ihm nichts aus, weil sie ihm immer ähnlicher wurden. Mit seinen schlaksigen Einmeterneunzig, dem wirren sandfarbenen Haar, den stahlblauen Augen und dem extrem breiten, volllippigen Mund, eine männliche Julia Roberts, war er ein Meister der Lässigkeit, ja fast Eleganz und der skeptischen, zuweilen auch ironischen Nonchalance. Er sah dabei fast immer aus wie ein Naturtalent, das er nicht wirklich war, der Mann aus Nebraska, wo er am 31. August 1928 geboren wurde. Er lernte sein Metier am Los Angeles City College und an der University of Southern California, ehe er sich in die Knochenmühle von Stella Adler in New York begab. Die Ochsentour blieb auch ihm nicht erspart, das Tingeln im Werbefernsehen und in TV-Serien. Hollywood kam erst, als er schon 30 war.

Damals in Wien hatte ihm die Viennale eine kurze Retrospektive seiner Filme ausgerichtet, und kurz musste sie schon sein angesichts der mehr als 100 Filme, die seine Karriere schmücken. Bis er endlich, 1999, den lang verdienten Oscar bekam: für eine Nebenrolle in Paul Schraders „Affliction“. Damals sagte er: „In meinem Alter bekommt man selten wirklich gute Rollen. Sie krümeln uns vom Tisch, wo wir doch gerade erst wirklich gelernt haben, wie man es macht.“

Er soll am Herzinfarkt gestorben sein, als er zu Hause mit seiner Frau Musik hörte. Ein glücklicher Mensch.

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