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Kultur: Es raucht noch

Deep Purple und Alice Cooper in der Berliner Schmeling-Halle

Treffen der Hardrockveteranen: Biker und Banker. Lederig verlebte Rockladies und biedere Hausmuttis. Matten und Platten. Lang- und Kurzhaar, alles da in der Max-Schmeling-Halle. Der Laden voll. Und einige mit gefährlich grün angelaufenen Gesichtern werden schon rausgerollt von den Sanitätern, bevor es losgeht.

Dann alles klar für Alice Cooper. Über den haben wir uns schon vor 35 Jahren amüsiert. Über seine Maskeraden, die lebenden Schlangen, das ganze Zeug, das ganze Theater. Dabei waren einige Songs gar nicht so übel. Und der nette Schlachtruf von 1972 „School’s out forever!“ kam gerade rechtzeitig zum Abitur.

Heute bringt Alice Cooper, der immer noch aussieht wie der Leibhaftige im Lederfrack, zwar keine Schlangen mehr mit, aber immer noch allerhand Zeugs: Zauberstäbe, Peitschen, Krücken, Sarg, Zwangsjacke, Guillotine, eine leichtgeschürzte Dame, das volle Programm. Und singt dabei gar nicht so übel.

Noch mehr Jubel für Deep Purple. Ganz eng stehen sie zusammen. Und ballern erst mal drei Stücke sauber hintereinander weg. Der bekopftuchte Roger Glover spielt einen feinen, bauchigen Altersbass. Und der kleine dicke, bezopfte Ian Paice ist nach wie vor ein herausragender Drummer. Die beiden sind das Fundament von Deep Purple, Felsen in der Hardrockbrandung. Während Steve Morse in einem Affenzahn gniedelt und fiedelt, was das Zeug hält, und in langen Solopassagen die wohltemperierte Stromgitarre den Bach runterplätschert. Freundliches Lächeln, interessante Technik und wenig Ausdruck.

Der 60-jährige Ian Gillan sieht mit kurzgeschnittenen, graumelierten Haaren besser aus als früher und durchschneidet mit seiner Stimme die Songs wie mit einem Sägemesser. Nicht mehr ganz so scharf und spitz. Und der neue Keyboarder Don Airey, Ersatz für den ehemals so dominanten Orgel-Fürsten Jon Lord, fällt nur auf während eines Soloparts, wo er Klassisches mit Pseudoklassischem und einem Fetzelchen der „Internationale“ püriert.

So düdelt’s und diedelt’s, rumpelt’s und pumpelt’s nett dahin. Und nach einer Stunde beginnt man sich ein bisschen zu langweilen, weil die neueren Songs der letzten Jahre vielleicht doch etwas dürftig sind. Bis sie endlich zu den älteren Klamotten kommen und erneut bestätigen, dass die siebziger die kreativsten Purple-Jahre waren – und „Machine Head“ von 1972 ihr bestes Album. „Space Trucking“, „Highway Star“. Und endlich das ultimative Vokuhila-Riff von „Smoke On The Water“. Die Halle bebt.

H.P. Daniels

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