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Kultur: Etwas teurer als die Volkshochschule

Nach Jahren in Stuttgart, Köln und New York will sich der Galerist Achim Kubinski als Talent-Scout in Berlin profilierenVON ELFI KREISWer die Arbeit "Olgastr.Nr.

Nach Jahren in Stuttgart, Köln und New York will sich der Galerist Achim Kubinski als Talent-Scout in Berlin profilierenVON ELFI KREISWer die Arbeit "Olgastr.Nr.109" von Martin Kippenberger kennt, dem ist wahrscheinlich auch der Name Achim Kubinski ein Begriff.Kippenbergers Installation aus Sperrholzwänden zitiert maßstabsgetreu die Raumproportionen seiner Stuttgarter Galerie, ihre Adresse lieferte den Titel.Der schwäbische Galerist, selbst Künstler und Schüler von Sonderborg, organisierte ab 1977 in seiner Wohnung nicht nur Ausstellungen.Auch die von ihm gegründete "Private Kunstschule Stuttgart" hatte dort ihr Domizil.Für Veranstaltungsreihen waren außer Künstlern regelmäßig auch Kunsttheoretiker und Philosophen wie Jean-François Lyotard zu Gast.Die Stuttgarter Galerie von Achim Kubinski, der nun Anfang dieses Jahres Räume in Berlin eröffnete, gehört als lebendiges Schaustück jüngster Kunstgeschichte eigentlich unter Denkmalschutz gestellt: Günther Förgs monochrome Farbfelder zieren die Wände, von Daniel Buren stammt das Streifenmuster der Fenster, die Anregung für den Bodenbelag gab Imi Knoebel.Vor allem Joseph Kosuth bescherte 1985 mit der permanenten Installation "Zero & Not" einer kompletten Raumflucht die museumsreife Tapete - an die Günther Förg wiederum - mangels freier Wände - bei einer folgenden Ausstellung seine gerahmten Fotos anlehnte.Worauf Kosuth zunächst mit zorniger Ablehnung reagierte.Später setzte Kosuth diesen Kunstgriff jedoch als Anregung für eigene Konzeptionen um.Die erste Arbeit dieses Werkzyklus trägt statt eines Titels die Widmung "To G.F.und I.K.", "Für G(ünther) F(örg) und I(mi) K(noebel)".In Achim Kubinskis Schublade liegen mit einem Architekten fix und fertig ausgearbeitete Pläne, die Galeriewohnung komplett als Skulptur zu erhalten.Sie soll abgetragen und als freistehende Etage andernorts wieder aufgebaut werden.Die Konzeption sieht vor, sie anschließend von außen für immer zu verschließen und versiegeln.Nach Berlin kam Kubinski zunächst nicht mit der Absicht, erneut eine Galerie zu betreiben.Nach Stuttgart und zeitweiser Dependance in Köln verlegte er seine Galerie zuletzt für drei Jahre nach New York.1994 schloß er die Räume am Broadway in Soho.Kubinski kehrte zurück nach Deutschland und machte erst einmal Babypause.Das Multitalent ist auch Musiker und Komponist.So produzierte Kubinski neben eigenen Schallplatten mit Kippenberger kurz vor dessen Tod gemeinsam die CD "Ja, ja, ja - Nee, nee, nee", die Techno-Version eines Beuys-Aufnahme.Über Blinky Palermo schrieb er das Stück "Die Verzweiflung der Kornblume", 1996 uraufgeführt in Bonn.Nach Berlin führte ihn die Zusammenarbeit mit dem Regisseur Michael Simon.Kubinski komponierte für ihn die Theatermusik zu einem Stück am Wiener Burgtheater und für "Goya, Schlaflos" an der Schaubühne.Als dann die weitläufigen Räume in der Leipzigerstraße zunächst als Wohnung gemietet waren, entstand spontan die Idee einer neuen Galerie.Kubinskis Keyboard für sein Spielbein Musik steht mittendrin.Die Eröffnung mit Werken des langjährigen Künstlerfreundes Kosuth war ein Muß.Ansonsten aber will sich Kubinski wie einst in Stuttgart vor allem unter dem Berliner Nachwuchs als Talent-Scout betätigen.Im Juni wird es dazu eine erste Ausstellung mit den Künstlerinnen Pia Dehne, Anna Blessmann, Elisk Bartek und Jana Grzimek geben.Zuletzt sah man die auch als Möbel funktionstüchtigen Skulpturen von Richard Merkle, die Kubinski treffend als "Knoebels zum Hinsetzen" bezeichnete.Gegenwärtig stehen Arbeiten des ebenfalls in Berlin lebenden Pietro Sanguineti auf dem Programm.Auf bekannte Namen der Stuttgarter Zeit wie Clegg & Guttmann, Knoebel, Franz Erhard Walther oder Zobernig will Kubinski hingegen verzichten.Die meisten von ihnen werden in Berlin bereits von anderen Galerien vertreten.Allenfalls ein Ausstellungsprojekt mit Haim Steinbach reizt Kubinski.Außerdem möchte er die Salonkultur wiederbeleben, seine früheren Stuttgarter Soirées in Berlin fortführen."Abende für Liebhaber Neuer Kunst - von Picasso bis Koons" soll eine Reihe mit acht bis zehn Veranstaltungen heißen, für die Kubinski allerdings 280 Mark Teilnahmegebühr fordert ("Etwas teurer als die Volkshochschule, aber auf höherem Niveau").Womöglich will er als künftiger Dozent an der Hochschule für Gestaltung in Karlsruhe vorab mit etwas honoriertem Training wieder in Übung kommen? Schließlich war er schon für so manchen konzeptionellen Schabernack gut.So erfand Kubinski einst für seine eigenen Werke die Gruppe Family, das fiktive Künstlerpaar Angelika Biesental und Christian Brügge.Nur als Namen auf dem Papier existent, gewannen sie einen Kunstpreis der Jugend - was zu einigen Verwicklungen vor der Preisverleihung führte. Galerie Achim Kubinski, Leipnizstraße 59, Dienstag bis Freitag 14-18 Uhr.

ELFI KREIS

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