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Kultur: Europäischer Geist

Börne-Preis 2003: Joschka Fischer wählt George Steiner

Diesjähriger LudwigBörne-Preisträger ist der Literturwissenschaftler und Schriftsteller George Steiner. Für ihn hat sich Außenminister und Vielleser Joschka Fischer entschieden. Die mit 20000 Euro dotierte Auszeichnung ist wegen ihrer Vergabemodalität der interessanteste Literatur- und Journalistik-Preis der Bundesrepublik, wenn auch nicht der demokratischste: Jedes Jahr beruft der Vorstand der Ludwig-Börne-Stiftung einen einzelnen Juror, der sich dann für einen Preisträger aus der schreibenden Zunft, sei es Schriftsteller oder Journalist, entscheiden muss. Fischers Wahl ist gewiss die überzeugendste seit langem. Denn für manch einen konnte es in den letzten Jahren so aussehen, als würden Prominente des Betriebs sich gegenseitig Börne-Preise zuschieben (etwa als 2001 der Herausgeber der „FAZ“ den Herausgeber des „Spiegel“ bedachte).

Fischers Entscheidung steht im europäischen Horizont. Der Kosmopolit Steiner (geb. 1929 in Paris) lehrte, nach einer Tätigkeit beim „Economist“, in Princeton, Yale und später lange Jahre in Genf Literatur. Er ist ein unermüdlicher Vermittler geistiger europäischer Traditionen. Mit der Postmoderne teilt Steiner die Skepsis gegenüber „totalitären“ Sinnfixierungen („Sprache und Schweigen“, 1967). Er unterscheidet sich jedoch fundamental von ihr durch sein Verständnis vom Kanon, vom großen Werk, vom großen Autor („Reale Gegenwart“, 1990, „Errata“, 1998). Die Preisverleihung wird am 25. Mai in der Frankfurter Paulskirche stattfinden, die Laudatio hält Joschka Fischer. mel

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