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Kultur: Exil und Heimkehr

Vollständig: Arnold Schönberg Center in Wien eröffnetVON REINHARD KAGEREs ist kühl in dem fensterlosen Raum.Äußerlich ist nicht viel zu sehen.

Vollständig: Arnold Schönberg Center in Wien eröffnetVON REINHARD KAGEREs ist kühl in dem fensterlosen Raum.Äußerlich ist nicht viel zu sehen.Doch in den unscheinbaren, säurebeständigen Kartons ist ein kultureller Schatz aufbewahrt: Auf rund 100 Millionen Mark wird der Wert jenes Nachlasses eingeschätzt, der nun eine späte Heimreise just nach Wien antreten konnte, wo Arnold Schönberg zu Lebzeiten stets wütender Häme ausgesetzt war. Nur dem Einsatz der ehemaligen Wiener Kulturstadträtin Ursula Pasterk ist die späte Rückholung des einst mehr oder minder Verjagten zu danken.Zunächst hatte es eigentlich den Anschein, als könne Berlin den Zuschlag der drei Erben Schönbergs erhalten, die ihre Schenkung von der University of Southern California in Los Angeles nach gerichtlichem Entscheid abziehen durften, weil das Schoenberg Institute der Universität seinen vertraglichen Verpflichtungen nicht mehr nachgekommen war.Doch die zögerliche Hinhaltepolitik der Bundeshauptstadt bewog die Familie Schönberg dazu, Österreich ein kulturelles Erbe zurückzugeben, das seinesgleichen sucht.Rund 6000 Blätter umfaßt der elektronisch streng gesicherte Nachlaß des Komponisten, der gut ein Drittel aller Schönberg-Autographe enthält, darunter Schlüsselwerke wie die "Gurrelieder" und "Moses und Aron".Zumindest in Kopie sind nun alle Originalhandschriften Schönbergs, bereits katalogisiert, in Wien, auch der gesamte Briefwechsel, den Schönberg selbst noch der Library of Congress vermacht hatte, und die sogenannten "Satellite Collections": Sammlungen zu Schönbergs Schaffen, die Verwandte und Freunde des Komponisten oder mit diesem befaßte Institute angelegt hatten. Allein wegen dieser "Satellite Collections" wird sich das neue "Arnold Schönberg Center", das seit dem vergangenen Wochenende erstmals der Öffentlichkeit zugänglich ist, als wahre Fundgrube für die Forscher erweisen.Rund 1300 Quadratmeter im ersten Geschoß des Palais Fanto am Schwarzenbergplatz, unweit vom Musikverein und vom Konzerthaus, sind von dem Architekten Adolf Krischanitz mit modernster Technik adaptiert worden.Die Innenausstattung wurde von Elsa Prochazka entworfen.Rund vier Millionen Mark hat der Umbau gekostet, der neben Büro- und Archivräumen nun auch einen V-förmigen Konzertsaal für rund 200 Zuhörer und einen 200 Quadratmeter großen Ausstellungsraum bereithält.Christian Meyer, der auf drei Jahre bestellte Leiter des "Schönberg Centers", will nicht nur Ausstellungen aus dem Bestand des Archivs und einer Auswahl aus den rund 150 Gemälden des Multitalents Schönberg zeigen, die als Dauerleihgabe der Erben gleichfalls nach Wien gelangten.Geplant sind mit dem 1,5 Millionen Mark betragenden Jahresbudget auch kleinere Konzertabende, vor allem Workshops, in denen Künstler dem Publikum einen tieferen Einblick in die Werke Schönbergs geben sollen.Bis 21.Juni ist eine Ausstellung zu sehen, die auch ein Kuriosum birgt: die Rekonstruktion von Schönbergs Arbeitszimmer in Los Angeles mit Möbeln aus Wien und Berlin - ein Stück Heimat im fernen Exil.

REINHARD KAGER

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