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Kultur: Expo 2000: Musik aus Deutschland - Die Scorpions und die Berliner Philharmoniker auf der Weltausstellung

Es gibt musikalische Großereignisse, die so sehr von ihrer historischen Einmaligkeit leben, dass das konkrete Resultat beinahe unerheblich ist. Jedenfalls käme man sich ziemlich kleinlich vor, wollte man den musikalischen Gewinn bemessen, den das gemeinsame Konzert der Scorpions mit dem Berliner Philharmonischen Orchester auf der Expo in Hannover abgeworfen hat.

Es gibt musikalische Großereignisse, die so sehr von ihrer historischen Einmaligkeit leben, dass das konkrete Resultat beinahe unerheblich ist. Jedenfalls käme man sich ziemlich kleinlich vor, wollte man den musikalischen Gewinn bemessen, den das gemeinsame Konzert der Scorpions mit dem Berliner Philharmonischen Orchester auf der Expo in Hannover abgeworfen hat. Deutschlands berühmteste Rockband trifft auf Deutschlands berühmtestes Orchester. Für beide war es ein besonderer Moment.

Längst ist es kein Affront gegen das bürgerliche Bildungsmilieu mehr, wenn eine Hard Rock-Band sich die opulenten Streicherklänge eines renommierten Orchesters sichert. Das Rührungsbedürfnis der Rock-Szene sehnt sich geradezu nach bombastischen, samt-weichen Untermalungen ihrer Hits. Die Scorpions haben eine Reihe solcher Hits geschrieben, von "Love You Like A Hurricane" bis zu "Wind Of Change", und sie wollen alle gehört werden. Immer wieder.

Ähnliche Anfragen nach musikalischer Untermalung hatten die Philharmoniker bisher beharrlich ausgeschlagen, offenbar in der Annahme, dass sich solche Auftritte mit ihrem Ruf nicht vereinbaren lassen. Musikkritiker fragen denn auch, worin hier die musikalische Herausforderung für den Edel-Klangkörper bestehen soll. Desirée Nosbusch wischte solche Bedenken in ihrer Anmoderation für die ZDF-Aufzeichnung mit dem Appell beiseite: "Es ist doch wirklich klasse, dass sich E-Gitarren und E-Musiker so gut verstehen." Der frenetische Jubel von den 9000 Plätzen der ausverkauften Preussag Arena dürfte sie in dieser Annahme bestärkt haben.

Während Rudolf Schenker und Matthias Jabs mit entblößter Brustbehaarung ihre rustikalen Rock-Akkorde spielten, wurden die Philharmoniker von Christian Kolonovitz am Dirigentenpult durch abenteuerliche Sturzbäche gejagt. Selten konnten sie sich gegen die verzerrten, watt-starken Gitarren und den Schlagzeuger James Kottak durchsetzen. Lediglich das für diesen Anlass von Kolonovitz komponierte "Crossfire" - als offener Schlagabtausch zwischen Orchester und Band angekündigt - bot den Philharmonikern Gelegenheit, ihren eigentümlichen, fragilen Glanz zu entfalten. Auch das elegische Vorspiel zu "Wind Of Change", das die Melodie bis zur Unkenntlichkeit variierte, deutete an, in welche Richtung sich solche Kooperationen entwickeln könnten.

Abwechselnd verstärkt durch den Gumboldskirchner Kinderchor, die Expo Singers oder prominente Gäste wie Zucchero und Ray Wilson von Genesis, sang sich Klaus Meine mit seiner markanten Falsett-Stimme durch das Repertoire seiner balladesken Rock-Hits. Dem Orchester kam darüber die akustische Prägnanz abhanden, den Gitarristen fehlte die Schärfe. Nichts wäre aber auch lächerlicher, als jene Rabiatheit einzufordern, die von Vielen nach wie vor für das Signum des Rock gehalten wird. Schon vor Jahren gestand der "New Musical Express" den Scorpions die zweifelhafte Ehre zu, "den schlaffen Dinosaurier Heavy Metal durch die siebziger Jahre geschleift zu haben". So ziert das Plattencover der mit den Philharmonikern eingespielten "Moments Of Glory"-CD ein prachtvolles Exemplar dieser Gattung, ein Tyrannosaurus Rex - mit einem edelsteinbesetzten Kollier am Hals.

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